Gefährdete Brücken: Stau voraus
| von Redaktion

ARNHEM · Dringender Handlungsbedarf: Die Sicherheitsprobleme bei niederländischen Brücken haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Nach Angaben des Ministeriums für Infrastruktur und Wasserwirtschaft sind rund 100 Brücken und Viadukte betroffen, die aufgrund von Fehlern in der sogenannten Verzahnungskonstruktion schneller als erwartet altern. Besonders betroffen ist das Autobahnkreuz Velperbroek bei Arnhem, wo seit einiger Zeit kein schwerer Lkw-Verkehr mehr erlaubt ist. Zusätzlich werden 17 Brücken als besonders gefährdet eingestuft. Eine umfassende Renovierung ist unausweichlich, doch ein klarer Zeitplan fehlt.
Die niederländische Infrastruktur steht vor einer gewaltigen Herausforderung, ist bei Rijkswaterstaat zu lesen. Die betroffenen Bauwerke, zumeist in den 1970er und 1980er Jahren errichtet, sind durch eine fehlerhafte Konstruktion besonders anfällig für Korrosion. Der Hauptgrund: Wasser mit Streusalz dringt durch die Verbindungen, was die Stahlbewehrung angreift. Laut Rijkswaterstaat zeigen 90 von 100 untersuchten Bauwerken Probleme, die teils gravierende Verkehrseinschränkungen erfordern. Die Brücken am Autobahnkreuz Velperbroek sind dabei nur ein Beispiel für die landesweiten Probleme.
Die Verzahnungskonstruktion: Fehler im System
Die sogenannte Verzahnungskonstruktion, eine Tand-Nok-Verbindung zwischen Betonsegmenten, hat sich über die Jahre als Schwachstelle erwiesen. Laut Rijkswaterstaat reduziert eindringendes Salz- und Schmelzwasser die Tragfähigkeit der Konstruktion. Ursprünglich für eine lange Lebensdauer konzipiert, wurden bei der Planung Korrosion durch eindringendes Wasser und Streusalz unterschätzt. Besonders betroffen sind zentrale Verkehrsknotenpunkte wie das Prins Clausplein bei Den Haag, die Naardertrekvaart-Brücken an der A1 und die Viadukte der A12 bei Velperbroek.
Eine im Jahr 2022 durchgeführte Quickscan-Analyse zeigte, dass 17 Brücken ein erhöhtes Risiko aufweisen und dringend untersucht oder saniert werden müssen. Rijkswaterstaat hob hervor, dass insbesondere die Bauwerke am Prins Clausplein und Velperbroek zu den Sorgenkindern zählen. Rijkswaterstaat betont, dass die Sicherheit der Bauwerke zwar momentan gewährleistet sei, jedoch ohne Maßnahmen mittelfristig nicht garantiert werden könne.
Auswirkungen auf den Verkehr
Besonders betroffen sind schwere Lkw. Am Velperbroek-Knotenpunkt, wo täglich 750 Lkw den Verkehr prägen, wurden Gewichtsbeschränkungen eingeführt. Fahrzeuge über 45 Tonnen werden über alternative Routen umgeleitet. Laut Rijkswaterstaat wurde bereits eine Informationskampagne gestartet, um Transportunternehmen über die Einschränkungen zu informieren. Doch selbst mit dieser Maßnahme drohen Verkehrsbehinderungen, da das Velperbroek-Circuit um bis zu 2 % mehr Verkehr aufnehmen muss.
Die betroffenen Regionen sehen auch wirtschaftliche Folgen. Zusätzliche Fahrtzeiten und Umwege können die Transportkosten signifikant erhöhen, wie das niederländische Logistikforum bereits kritisch anmerkte. Dennoch betonte Minister Barry Madlener in der Tweede Kamer, dass Sicherheit oberste Priorität habe.
90 Brücken betroffen, eine Auswahl
Folgende Brücken und Viadukte sind besonders betroffen:
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Autobahn A12: Viadukte am Velperbroek-Knotenpunkt bei Arnhem
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Autobahn A6: Viadukt Kamperhoekweg
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Autobahn A1: Zwei Brücken über die Naardertrekvaart
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Autobahnen A4/A12: Acht Viadukte im Prins Clausplein-Komplex bei Den Haag
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Autobahn A15: Viadukt Tielsestraat
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Autobahn A1: Viadukt De Tol bei Amersfoort
Diese Brücken zeigen unterschiedliche Grade von Schäden, die teils zu Gewichtsbeschränkungen und Verkehrseinschränkungen führen. Weitere Untersuchungen laufen.
Komplexe Lösungen in Sicht
Kurzfristig plant Rijkswaterstaat, Unterstützungskonstruktionen zu errichten. Diese sollen vor allem am Velperbroek-Knotenpunkt installiert werden, wo bereits eine Gewichtsbeschränkung für Fahrzeuge eingeführt wurde. Diese sollen ab April 2025 an besonders belasteten Punkten wie Velperbroek eingebaut werden. Langfristig wird jedoch eine komplette Sanierung notwendig sein. Das Ministerium hat im Rahmen des Programms "Vernieuwing" ein umfassendes Sanierungsprojekt für Hunderte von Brücken angekündigt. Allerdings stehen weder die genauen Zeitpläne noch die finanziellen Mittel vollständig fest.
Ein zusätzlicher Schritt ist die Installation von Wiegesystemen, die Fahrzeuge überwachen und bei Überschreitung der Gewichtsgrenzen Alarm schlagen. Diese Technik könnte künftig helfen, ähnliche Probleme frühzeitig zu erkennen und einzugreifen, bevor kritische Zustände entstehen.
Der gesellschaftliche und politische Druck
Die Probleme werfen auch politisch Wellen, wie ein Bericht der NOS verdeutlicht. Sowohl die VVD als auch das Nieuw Sociaal Contract (NSC) fordern eine schnellere Umsetzung der Renovierungspläne und eine bessere Kommunikation mit den betroffenen Gemeinden und Unternehmen. Kritik wird vor allem an der mangelnden Vorplanung geübt: Die Probleme waren bereits 2021 bekannt, doch erst 2024 wurden weitreichende Maßnahmen beschlossen. „Die Versäumnisse der Vergangenheit holen uns jetzt ein“, kommentierte ein Sprecher der Verkehrsgewerkschaft FNV.
Die infrastrukturellen Probleme der niederländischen Brücken verdeutlichen, wie wichtig eine frühzeitige und vorausschauende Wartung ist. Obwohl Sicherheitsrisiken aktuell minimiert wurden, zeigt die Situation, dass der Zustand der Bauwerke eine umfassende Überholung erfordert. Ohne rasche politische Entscheidungen drohen nicht nur massive Verkehrsbehinderungen, sondern auch wirtschaftliche Konsequenzen.
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