Information

einfach auf den Punkt gebracht

Russlands hybrider Krieg erreicht die Niederlande

| von Redaktion

Symbolbild | Bild von Pete Linforth auf Pixabay

DEN HAAG · Die Niederlande befinden sich im Fadenkreuz russischer Cyber- und Spionageoperationen. Wie aus dem heute veröffentlichten Jahresbericht des Militärischen Abschirm- und Geheimdienstes MIVD hervorgeht, nehmen hybride Bedrohungen gegen das Land weiter zu. 2024 wurde erstmals eine russische Sabotageattacke gegen eine öffentliche digitale Infrastruktur registriert. Zudem wurden gezielte Cyberangriffe auf politische Parteien und Verkehrsunternehmen durchgeführt, offenbar mit dem Ziel, die Europawahl zu beeinflussen. Die MIVD warnt eindringlich vor einer wachsenden Bedrohung durch den russischen Staat, der nicht nur Informationen ausspioniert, sondern sich auch auf Sabotageakte vorbereitet. Die Angriffe bewegen sich gezielt unterhalb der Schwelle eines offenen Krieges – und machen deutlich, dass die Phase der relativen Sicherheit in Europa vorbei ist.

Die Militärische Inlichtingen- en Veiligheidsdienst (MIVD) stuft die aktuelle Lage in den Niederlanden als „graue Zone zwischen Krieg und Frieden“ ein. In ihrem Jahresbericht 2024 beschreibt die Behörde eine besorgniserregende Häufung russischer Operationen auf niederländischem Boden. Diese reichen von klassischen Spionageaktivitäten über digitale Angriffe bis hin zu Aufklärungsaktionen gegen kritische Infrastrukturen in der Nordsee. Besonders brisant: 2024 verzeichnete die MIVD zum ersten Mal eine erfolgreiche cybersabotageartige Infiltration des digitalen Betriebssystems einer öffentlichen Einrichtung in den Niederlanden – auch wenn die Attacke letztlich keinen Schaden anrichtete. Weitere Angriffsversuche gegen lebenswichtige Netzwerke konnten abgewehrt werden, weil Zielsysteme rechtzeitig reagierten. Laut MIVD deutet vieles darauf hin, dass Russland diese Aktionen gezielt als Testballons einsetzt, um westliche Reaktionen zu sondieren – mit dem Ziel, westliche Unterstützung für die Ukraine zu schwächen und gleichzeitig eine Eskalation unterhalb der NATO-Beistandsschwelle zu provozieren. Besonders gefährdet sieht die MIVD neben Regierungsstellen und Parteistrukturen auch die Verkehrsinfrastruktur und Organisationen mit Bezug zur Ukraine-Hilfe. Die Bedrohungslage wird durch das massive Engagement russischer Geheimdienste verschärft. Gruppen wie die GRU-Einheit 29155 stehen laut MIVD unter Verdacht, digitale wie physische Sabotageaktionen zu koordinieren. Die Warnungen des niederländischen Verteidigungsministers und des MIVD-Direktors Reesink zeigen klar: Die Sicherheitslage hat sich dramatisch verändert.

Digitale Frontlinie: Russland greift an

Der MIVD-Bericht zeigt detailliert, wie russische Hackergruppen gezielt Systeme in den Niederlanden attackieren. Besonders besorgniserregend war ein Angriff auf das digitale Kontrollsystem einer öffentlichen Einrichtung – der erste seiner Art im Land. Zwar wurde kein Schaden verursacht, doch für die MIVD ist das ein klares Warnsignal. Weitere russische Operationen richteten sich gegen kritische Infrastrukturen wie Internetknotenpunkte, Stromversorgung oder Wasserwerke. Ziel war offenbar, sich dauerhaft Zugang zu verschaffen, um im Ernstfall Störungen verursachen zu können. Diese Operationen, so der Bericht, waren Bestandteil einer Strategie hybrider Kriegsführung: gezielte Einflussnahme, Desinformation, Cyberangriffe und physische Sabotage unterhalb der Schwelle eines konventionellen Krieges.

Politische Einflussnahme und Wahlintervention

Im Umfeld der Europawahlen führten russische Gruppen DDoS-Attacken gegen Webseiten niederländischer Parteien und des öffentlichen Verkehrs durch. Der MIVD bewertet diese Maßnahmen als gezielten Versuch, das Vertrauen in demokratische Prozesse zu untergraben. Angriffe wurden zudem genutzt, um pro-russische Narrative über soziale Netzwerke zu verbreiten – oft automatisiert mit Hilfe Künstlicher Intelligenz. Die MIVD unterstützte sogar US-Behörden bei der Aufdeckung solcher Kampagnen. Das Ziel: Spaltung innerhalb der NATO und eine Schwächung des Rückhalts für die Ukraine.

Russische Spionage auf See und an Land

Nicht nur im digitalen Raum ist Russland aktiv. Die MIVD berichtet von Unterwasseraktivitäten zur Kartierung von Nordseeinfrastrukturen, etwa Internetkabeln und Energieleitungen. Solche Maßnahmen deuten laut MIVD auf konkrete Vorbereitungen für Sabotageakte hin. Auch physische Spionage, etwa durch Agenten und informelle Netzwerke in westlichen Ländern, wird zunehmend aggressiv betrieben. Diese Aktivitäten richten sich nicht nur gegen militärische Einrichtungen, sondern auch gegen die Hightech-Wirtschaft in Regionen wie Brainport Eindhoven.

Verteidigung in der Grauzone

Die Lage erfordert laut MIVD und Verteidigungsministerium ein grundsätzliches Umdenken. Der Ausbau der militärischen Fähigkeiten sei zwingend nötig, ebenso wie die Stärkung der digitalen Resilienz. Minister Ruben Brekelmans betont, dass die Niederlande sich „jeden Tag“ gegen hybride Angriffe verteidigen müssen. Besonders alarmierend: Laut MIVD-Direktor Reesink ist die russische Rüstungsindustrie inzwischen so weit hochgefahren, dass sie schneller und effizienter aufrüsten kann als die NATO. Auch nach einem möglichen Ende des Krieges gegen die Ukraine werde die Bedrohung aus Russland weiter zunehmen.

In eigener Sache

Bitte unterstütze uns

Unsere Aktivitäten und diese Webseite bieten wir kostenlos an. Wir tun dies gerne und freiwillig. Um unseren Service weiterhin anbieten zu können, schalten wir Werbung und nutzen Affiliate-Links. Deine Unterstützung, sei es durch Mitarbeit oder eine Spende in Höhe einer Tasse Kaffee über PayPal, ist uns sehr willkommen und hilft uns enorm.

Vielen Dank dafür!


Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte rechnen Sie 5 plus 5.

Weitere Nachrichten