Information

einfach auf den Punkt gebracht

Damen auf Kollisionskurs mit Justiz

| von Redaktion

OM gegen Damen Shipyards | Künstlich erstellt mit DALLE

GORINCHEM · Schwere Vorwürfe gegen niederländisches Traditionsunternehmen: Das Openbaar Ministerie (OM) hat angekündigt, Damen Shipyards und mehrere aktuelle sowie ehemalige Führungskräfte strafrechtlich zu verfolgen. Im Raum stehen Korruption, Urkundenfälschung, Geldwäsche und Verstöße gegen die Russland-Sanktionen – Vorwürfe, die das Bild des Familienunternehmens schwer beschädigen. Die Anklage ist das Ergebnis zweier separater Ermittlungen der FIOD und des Zolls, die sich auf unterschiedliche Zeiträume und Delikte konzentrieren. Die Auswirkungen könnten erheblich sein: Im Falle einer Verurteilung droht Damen nicht nur ein enormer Reputationsverlust, sondern auch der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen innerhalb der EU – ein herber Schlag für den Hauptlieferanten der niederländischen Marine.

Das niederländische Unternehmen Damen Shipyards, mit Sitz in Gorinchem und über 12.000 Beschäftigten weltweit, steht vor einer juristischen Zerreißprobe. Nach sieben Jahren intensiver Ermittlungen durch die FIOD (Fiscale Inlichtingen- en Opsporingsdienst) und den niederländischen Zoll hat das OM am Freitag bekannt gegeben, dass es das Unternehmen sowie führende Persönlichkeiten wie CEO Arnout Damen, dessen Vater Kommer Damen und Ex-CEO René B. wegen schwerwiegender Straftaten anklagen wird. Im Zentrum der Vorwürfe stehen systematische Bestechung ausländischer Amtsträger über sogenannte Agenten, manipulative Buchführung und mutmaßliche Verstöße gegen das Russland-Embargo. Die Affäre stellt nicht nur das Selbstverständnis der niederländischen Maritimindustrie infrage, sondern wirft auch ein Licht auf ein Geschäftsgebaren, das offenbar über Jahre hinweg von höchster Ebene gedeckt wurde. Der Familie Damen, die das Unternehmen 1967 gründete und bis heute lenkt, droht damit ein gravierender Imageverlust, nicht zuletzt weil sie sich bislang als verlässlicher Partner des Staates präsentierte.

Interne Ermittlungen, externe Zweifel

Die strafrechtlichen Vorwürfe umfassen zwei getrennte Sachverhalte. Der erste betrifft die Zeit von 2006 bis Anfang 2017 und wurde durch die FIOD untersucht, schriebt de Volkskrant. Hierbei sollen Damen-Führungskräfte in verschiedenen Ländern – darunter Ghana, Indonesien, Brasilien und die Bahamas – durch überhöhte Provisionen an lokale Agenten Geschäfte ermöglicht haben. Diese Agenten erhielten in einigen Fällen bis zu 15 % des Auftragsvolumens, eine Praxis, die laut dem OM das Risiko von Bestechung deutlich erhöht. Um diese Zahlungen zu verschleiern, wurden laut den Ermittlern systematisch falsche Dokumente erstellt. Das Ziel: Kontrollen zu umgehen – unter anderem durch die niederländische Exportkreditversicherungsgesellschaft Atradius.

Diese Praktiken blieben nicht unbemerkt. Bereits 2015 wurde Damen von der Weltbank suspendiert, weil das Unternehmen versuchte, die Existenz von Vermittlern zu verschleiern. In der Folge verließen mehrere Compliance-Officer das Unternehmen frühzeitig, teils aus Frust über mangelnde Rückendeckung durch das Management. Auch interne Kritiker berichteten später, sie seien mit dem Hinweis abgewiesen worden, „Integrität sei ein Luxus“.

Russland-Geschäfte trotz Sanktionen

Der zweite Ermittlungskomplex betrifft Verstöße gegen die Sanktionen, die nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine verhängt wurden. Obwohl Damen laut eigenen Angaben keine Schiffe mehr nach Russland liefern wollte, zeigen Recherchen von Nieuwsuur und des niederländischen Zolls (Douane), dass bis mindestens Ende 2022 weiterhin Komponenten – darunter Kräne, Schrauben und Thermometer – in russischen Schiffbauprojekten Verwendung fanden. Diese Lieferungen seien teilweise über Umwege und Drittländer erfolgt. Das OM wirft Damen Shipyards vor, mit diesen Handlungen nicht nur gegen geltendes Recht verstoßen, sondern auch aktiv zur militärischen Stärkung Russlands beigetragen zu haben.

Verteidigungslinie der Unternehmensleitung

Damen weist die Vorwürfe zurück. In einer Stellungnahme erklärt das Unternehmen, dass das OM zwei voneinander unabhängige Sachverhalte – einen historischen (2006–2017) und einen aktuellen (2022) – miteinander vermenge. Dadurch entstehe fälschlicherweise der Eindruck eines systematischen Fehlverhaltens. Besonders die jüngsten Vorwürfe bezüglich der Russland-Geschäfte seien laut Damen unbegründet: Es habe sich um zivile Kräne gehandelt, deren Lieferung den geltenden Sanktionen nicht widersprochen habe.

Konsequenzen für Staat und Industrie

Sollte das Gericht Damen verurteilen, droht dem Unternehmen eine vierjährige Sperre bei öffentlichen Aufträgen – ein empfindlicher Schlag für einen Konzern, der als strategischer Partner des niederländischen Verteidigungsministeriums gilt. Noch im letzten Jahr verteidigte das Ministerium seine Aufträge an Damen mit Verweis auf die „Stärkung der europäischen strategischen Autonomie“. Laut Staatssekretär Tuinman (BBB) gebe es „keine zwingenden Gründe“, Unternehmen allein wegen laufender Ermittlungen von Ausschreibungen auszuschließen. Diese Haltung könnte sich mit einer rechtskräftigen Verurteilung grundlegend ändern.

Eine Branche unter Beobachtung

Die Affäre trifft die niederländische Werftindustrie an einem sensiblen Punkt. Während Damen als Leuchtturmprojekt für Innovation und Exportkraft galt, werfen die Ermittlungen einen Schatten auf eine Branche, die sich als Rückgrat der nationalen Sicherheitsarchitektur versteht. Dass ein Unternehmen mit einer solchen Historie und Vernetzung nun wegen Korruption und Sanktionsverstößen angeklagt wird, ist ein Weckruf – für Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit gleichermaßen.

In eigener Sache

Bitte unterstütze uns

Unsere Aktivitäten und diese Webseite bieten wir kostenlos an. Wir tun dies gerne und freiwillig. Um unseren Service weiterhin anbieten zu können, schalten wir Werbung und nutzen Affiliate-Links. Deine Unterstützung, sei es durch Mitarbeit oder eine Spende in Höhe einer Tasse Kaffee über PayPal, ist uns sehr willkommen und hilft uns enorm.

Vielen Dank dafür!


Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 5 und 3.

Weitere Nachrichten