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Ripdeal entfesselt Gewaltwelle in Südholland

| von Redaktion

Politie | Foto: Holland.guide

DEN HAAG · Nach Einschätzung des niederländischen Openbaar Ministerie (OM) hat die gewaltsame Entwendung von 1.400 Kilogramm Kokain im vergangenen Jahr eine beispiellose Welle an Gewalt in Südholland ausgelöst. Mehr als dreißig Verdächtige wurden seither in Verbindung mit Explosionen, Brandstiftungen und Schüssen festgenommen. Betroffen waren unter anderem Den Haag, Alphen aan den Rijn und Leiden. Viele der Opfer hatten keinerlei direkte Verbindung zu den kriminellen Machenschaften – dennoch gerieten sie in das Fadenkreuz der Täter. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren, auch zu den mutmaßlichen Auftraggebern. Das OM warnt vor einer ernsthaften Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch solche eskalierenden Drogenkonflikte.

Was mit der Einfuhr einer Kokainladung in Belgien begann, endete in einer Serie brutaler Gewaltakte in mehreren Städten Südhollands. Wie aus den vorliegenden Informationen des niederländischen Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft) hervorgeht, wurde die Drogenlieferung Ende August 2024 mit Waffengewalt gestohlen – eine sogenannte Ripdeal. In einer Lagerhalle in Oud Gastel (Nordbrabant) wurde das Diebesgut anschließend unter mehreren Beteiligten aufgeteilt. Bereits Anfang Oktober eskalierte die Lage. Wohnhäuser und Geschäftsgebäude in Den Haag, Rijswijk und Delft wurden Ziel von Brandanschlägen und Explosionen. Besonders alarmierend: Die betroffenen Personen waren laut OM zumeist unbeteiligte Dritte, teils lediglich familiär oder freundschaftlich mit den mutmaßlichen Hintermännern verbunden. Nach einem weiteren Diebstahl der Kokainladung, diesmal aus einer Halle in Ter Aar, verlagerte sich das Zentrum der Gewalt in die Region Alphen aan den Rijn und Leiden. Dort gerieten der betroffene Unternehmer sowie Angehörige und Beschäftigte ins Visier der Täter. Einschüchterung, Schusswaffenangriffe und weitere Sprengstoffanschläge kennzeichneten diese zweite Eskalationsphase. Laut OM zeigt die Gewaltspirale, wie stark die Gesellschaft durch Drogenkriminalität unterwandert wird – auch, weil Unbeteiligte zu Opfern werden.

Chronologie einer Eskalation

Ursprung in Belgien: 1.400 Kilo Kokain geraubt
Am 29. August 2024 wurde die große Kokainladung in Belgien eingeführt. Noch bevor die Empfänger die Ware sichern konnten, wurde die Fracht von einer rivalisierenden Gruppe abgefangen und nach den Niederlanden gebracht. In einer Halle in Oud Gastel wurden die Drogen unter mehreren Personen aufgeteilt – darunter auch fünf Männer, die laut OM im April 2025 festgenommen wurden. Ihnen wird vorgeworfen, Teile der Ladung besessen oder transportiert zu haben.

Erste Gewaltwelle: Den Haag, Rijswijk, Delft
Kurz darauf, Anfang Oktober, wurden mehrere Brandanschläge in Den Haag und Rijswijk verübt. Am 7. Oktober setzte ein 43-jähriger Mann in der Chicagostraat eine Hausfassade in Brand. Wenig später brannte es auch in der Herenstraat in Rijswijk. Auch Explosionen folgten, zum Beispiel am 8. und 9. Oktober erneut in Den Haag. Offiziellen Angaben zufolge richteten sich die Anschläge nicht gegen direkt Beteiligte, sondern trafen zufällig ausgewählte Bekannte von vermuteten Hintermännern. Eine besonders brisante Tat ereignete sich am 10. Oktober, als ein Sprengsatz unter einem Polizeifahrzeug in Den Haag zur Detonation gebracht wurde. Zwei Tatverdächtige wurden festgenommen – darunter ein 16-Jähriger.

Zweite Eskalationswelle: Alphen, Leiden, Valkenburg
Nachdem ein Teil der Drogen in einer Lagerhalle in Ter Aar erneut gestohlen worden war, verlagerte sich die Gewaltwelle in die Region Alphen aan den Rijn. Dort wurden unter anderem ein Mitarbeiter des Hallenbetreibers sowie dessen Angehörige zum Ziel. Am 10. Oktober wurde ein Angestellter mit einer Waffe bedroht, später am Tag beschossen Täter mit einem automatischen Gewehr ein Wohnhaus. Weitere Vorfälle wie versuchte Sprengstoffanschläge, tatsächliche Explosionen und Schüsse auf Häuser in Rijnsaterwoude, Valkenburg und Leiden folgten. In zahlreichen Fällen konnten Verdächtige identifiziert werden – viele davon sogenannte „Broker“, die laut OM Auftragsausführende angeworben und dirigiert haben sollen.

Täterprofile und Ermittlungsstand

30 Festnahmen – viele Ausführende, wenige Drahtzieher
Insgesamt wurden in den vergangenen Monaten 30 Verdächtige festgenommen. Darunter waren viele junge Männer im Alter zwischen 16 und 30 Jahren. Laut OM handelt es sich bei den meisten um sogenannte „Ausführer“, die gezielt für bestimmte Gewaltaktionen angeheuert wurden – häufig ohne vollständige Kenntnis des kriminellen Gesamtzusammenhangs. Auch mehrere „Broker“ sind inzwischen in Haft. Der Unternehmer aus Alphen aan den Rijn, in dessen Halle die Drogen zwischengelagert wurden, wurde vernommen, aber nicht festgenommen. Die Ermittlungen gegen mögliche Drahtzieher der Ripdeal laufen weiter.

Unbeteiligte als Ziel – ein gesellschaftliches Risiko
Das Openbaar Ministerie und mehrere Medien, darunter NOS, NU.nl und De Telegraaf, berichten übereinstimmend, dass viele der Angriffe unbeteiligte Personen trafen. Teils waren sie lediglich verwandt mit mutmaßlichen Hintermännern oder arbeiteten für sie. Das OM warnt ausdrücklich vor der Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Die Gewaltakte – viele davon mitten am Tag – hätten nicht nur die direkten Opfer, sondern auch Passanten und Nachbarn in höchste Gefahr gebracht. Die Ermittlungsbehörden betonen, dass die Gesellschaft insgesamt unter derartiger Drogenkriminalität leidet.

Noch offene Fälle – Ermittlungen gehen weiter
Für mindestens sechs Vorfälle in Städten wie Leiden, Rijswijk und Valkenburg konnten bislang keine Verdächtigen ermittelt werden. Die Staatsanwaltschaft schließt daher weitere Festnahmen nicht aus. Auch zur Rolle möglicher internationaler Hintermänner gibt es noch keine abschließenden Ergebnisse. Die Ermittler arbeiten laut OM mit Hochdruck daran, alle Zusammenhänge aufzuklären.

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