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Tödliche Gefahr durch Schaum an der Küste

| von Redaktion

Schaumbildung am Nordseestrand | Foto: Holland.guide

SCHEVENINGEN · Lebensgefährliche Bedingungen an Nordseeküste – Die Holland Surfing Association (HSA) und die Königliche Niederländische Rettungsgesellschaft (KNRM) warnen eindringlich vor dem Betreten des Wassers am 4. und 5. Mai. Eine starke Schaumakkumulation durch Algenblüten, Wind und Strömung droht insbesondere an den nördlichen Hafenpieren von Scheveningen, Wijk aan Zee und Hoek van Holland. Erhöhte Schaumkonzentrationen können nicht nur giftige PFAS enthalten, sondern auch durch ihre Dichte zu tödlichen Situationen führen. Vor genau fünf Jahren kam es unter ähnlichen Umständen zur Surfkatastrophe mit fünf Todesopfern. Die Warnung: Wer Schaum sieht – raus aus dem Wasser!

Hohes Risiko durch Kombination aus Sonne, Wind und Algen: Nach einem der sonnigsten Jahresstarts seit Beginn der Wetteraufzeichnungen haben sich in der Nordsee in den vergangenen Wochen große Mengen der sogenannten Schaumalge Phaeocystis globosa gebildet. Laut der HSA und dem niederländischen Meeresforschungsinstitut NIOZ führt das aktuell zu einer erhöhten Gefahr durch aufschäumendes Meereswasser. Besonders am 4. und 5. Mai – also heute und morgen – werden durch die vorhergesagte nordwestliche bis nördliche Windrichtung große Mengen dieses Schaums an die niederländische Küste gedrückt. Betroffen sind vor allem die Nordseiten der Hafenmolen in Scheveningen, Wijk aan Zee und Hoek van Holland. Das Schaumrisiko ist jedoch nicht auf diese Orte beschränkt – je nach Wetterlage kann es auch an anderen Abschnitten der Küste zu gefährlicher Schaumansammlung kommen.

Erinnerungen an das tragische Unglück vom 11. Mai 2020 werden wach: Damals kamen fünf junge Surfer ums Leben, als sie in eine mehrere Meter dicke Schaumschicht gerieten. Sie konnten sich nicht mehr befreien, die Retter sahen sie nicht und selbst ein Hubschrauber konnte nicht helfen. Das Ereignis gilt als Mahnmal für die unterschätzte Gefahr durch Schaumbildung. Seitdem ist die Aufmerksamkeit gestiegen – und dieses Jahr sind die Voraussetzungen für ein erneutes Risiko fast identisch: eine ausgeprägte Frühjahrsblüte, hohe Sonnenstunden, anschließender Abbau der Algenkolonien, die Freisetzung eiweißreicher Substanzen im Wasser – und starker Wind, der daraus dicke Schaummassen entstehen lässt.

Hinzu kommt eine weitere Gesundheitsgefahr: Laut HSA enthält der Schaum häufig PFAS – per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen –, die als krebserregend gelten. Wer mit dem Schaum in Berührung kommt oder ihn gar versehentlich verschluckt, setzt sich potenziell gefährlichen Stoffen aus. Das bloße Betreten des Wassers in betroffenen Zonen kann somit zum lebensgefährlichen Risiko werden – auch ohne hohe Wellen oder starke Strömung.

Die HSA ruft deshalb alle Surfer, Schwimmer, Strandbesucher und Wassersportler dazu auf, die aktuellen Warnungen ernst zu nehmen und auf keinen Fall ins Wasser zu gehen, wenn viel Schaum zu sehen ist – auch wenn es harmlos aussehen mag. Die KNRM bekräftigt diese Warnung und bittet die Öffentlichkeit um erhöhte Wachsamkeit.

Gefährlicher Schaum: Was genau passiert an der Küste?

Die Bildung des gefährlichen Schaums beginnt mit der sogenannten Frühjahrsblüte der Phaeocystis globosa, einer mikroskopisch kleinen, aber massenhaft auftretenden Schaumalge. In sonnigen Frühjahrsmonaten wie 2025 bilden sich riesige Kolonien dieser Alge in der Nordsee. Diese Kolonien produzieren Schleimstoffe, die bei hohem Nährstoffgehalt – etwa durch Stickstoff und Phosphat im Wasser – zunächst für ein schnelles Wachstum sorgen. Wenn jedoch die Nährstoffe aufgebraucht sind und sich das Wetter ändert, beginnen die Kolonien zu zerfallen. Dabei werden Proteine freigesetzt, die in Verbindung mit Wind und Wellen zu starkem Aufschäumen des Wassers führen können.

Wird dieses Eiweiß durch Wind und Wellen aufgeschäumt, entstehen dichte Schaumschichten, die sich bei bestimmten Windrichtungen an den Küsten konzentrieren. Die leicht bräunliche Farbe und die stabile Struktur erinnern optisch an Milchschaum – daher wird in den Niederlanden mitunter von einer „Cappuccino-Küste“ gesprochen.

Der dabei entstehende Schaum ist nicht mit harmloser Gischt zu verwechseln. Besonders bei Wind aus nordwestlicher Richtung wird er über große Distanzen an die Küste gedrückt. An den Nordseiten von Hafenpieren staut sich dieser Schaum dann meterhoch. Für Personen, die sich darin befinden – sei es durch Surfen, Schwimmen oder Kajakfahren – kann das fatale Folgen haben. Die dichte Masse reduziert Sicht und Bewegungsfreiheit, Geräusche werden gedämpft, die Orientierung geht verloren. Im schlimmsten Fall führt dies zu Erstickung – so wie im Jahr 2020.

Die Behörden warnen, dass sich die Situation schnell ändern kann. Auch wer heute noch eine ruhige See vorfindet, kann in wenigen Stunden mit starkem Schaum konfrontiert werden. Besonders das Zusammenspiel von Gezeiten und drehenden Winden kann innerhalb kurzer Zeit zu gefährlicher Schaumakkumulation führen.

PFAS im Schaum: Unsichtbare Gefahr

Neben der mechanischen Gefahr durch die Schaummassen besteht auch eine chemische: Der Schaum enthält nachweislich PFAS – langlebige, synthetische Chemikalien, die sich in der Umwelt und im menschlichen Körper anreichern können. PFAS gelten als schwer abbaubar und potenziell gesundheitsschädlich. Der Kontakt mit diesen Stoffen, insbesondere durch Verschlucken, stellt eine zusätzliche Gefahr dar – insbesondere für Kinder, empfindliche Personen und Schwimmer, die mit dem Kopf unter Wasser geraten.

Obwohl die Schaumalge selbst nicht giftig ist, machen diese Begleitstoffe den Kontakt mit dem Schaum besonders riskant. In der Vergangenheit wurde deshalb mehrfach darüber diskutiert, wie sich solche Vorfälle verhindern lassen – durch bessere Aufklärung, lokale Verbote oder durch gezielte Forschung zu den Ursachen. Das aktuelle Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, die natürlichen Abläufe zu verstehen und rechtzeitig zu reagieren.

Mahnung zum Gedenken: Fünf Jahre nach dem Unglück

Das Warnwochenende fällt in eine Zeit des Gedenkens: Am 11. Mai 2020 verloren fünf junge Männer in Scheveningen ihr Leben. Joost, Sander, Mathijs, Pim und Max waren erfahrene Wassersportler – darunter auch drei Rettungsschwimmer. Doch gegen die Naturgewalt hatten sie keine Chance. Die HSA nennt dieses Ereignis „eine schwarze Seite unserer Surfgeschichte“. Das tragische Unglück führte zur Bildung neuer Sicherheitsprotokolle, zu Aufklärungskampagnen und zu einer Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Dennoch zeigt die aktuelle Lage, dass sich die Geschichte wiederholen kann – wenn die Warnungen ignoriert werden.

Mit Blick auf die kommenden Tage appellieren HSA, KNRM und das NIOZ gemeinsam: Informieren Sie sich vor dem Wassergang über die Bedingungen, achten Sie auf Schaumansammlungen, meiden Sie betroffene Bereiche – und bleiben Sie an Land, wenn Zweifel bestehen. Sicherheit geht vor.

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