Teures Stromnetz auf See belastet Verbraucher
| von Redaktion

DEN HAAG · Milliardeninvestitionen in Offshore-Infrastruktur treiben Strompreise hoch: Der Ausbau des Stromnetzes auf der Nordsee bringt die Energiewende in den Niederlanden voran, hat jedoch einen hohen Preis: Laut NOS und Volkskrant müssen Haushalte und Unternehmen künftig mit deutlich steigenden Stromkosten rechnen. Grund sind die geplanten 88 Milliarden Euro, die der staatliche Netzbetreiber TenneT in neue Kabel, Umspannplattformen und Offshore-Anbindungen investieren muss. Ohne staatliche Subventionen würden diese Kosten direkt auf die Stromrechnungen umgelegt – von derzeit 400 Euro jährlich könnten sie bis 2040 auf rund 1100 Euro steigen.
Die Energiewende auf der Nordsee nimmt weiter Fahrt auf. TenneT, der zu 100 Prozent im Besitz des niederländischen Finanzministeriums befindliche Netzbetreiber, hat in den vergangenen Jahren sieben Offshore-Plattformen mit je 700 Megawatt Leistung errichtet. Diese „Steckdosen im Meer“ dienen der Einspeisung von Windenergie ins landesweite Stromnetz. Nun beginnt eine neue Phase: Mit größeren Plattformen von 2 Gigawatt, längeren Kabeln und weiter entfernten Windparks steigen die Kosten massiv. Allein der aktuelle Ausbau wird auf rund 88 Milliarden Euro geschätzt, wie NOS berichtet. Die Folge: Eine Erhöhung der festen Netzentgelte auf der Stromrechnung scheint unvermeidlich, sofern keine staatliche Unterstützung erfolgt.
Historischer Umbruch auf See
TenneT hat laut Nordzeeloket und NOS seit 2019 eine standardisierte Infrastruktur aufgebaut, um die Stromproduktion aus Offshore-Windparks effizient ans Netz zu bringen. Plattformen wie „Hollandse Kust West Beta“ sammeln Strom von Windparks, die z. B. von RWE oder TotalEnergies betrieben werden, und leiten ihn über Unterseekabel Richtung Küste weiter. Allein diese Plattform kostete rund 400 Millionen Euro und wurde zuletzt mit dem gigantischen Schiff „Sleipnir“ installiert – ein logistisches Meisterwerk mitten in der Nordsee, begleitet von Kamerateams und Projektteams der Betreiberfirmen.
Kostendruck durch neue Technik und Distanz
Die bisherige Infrastruktur stößt allerdings an ihre Grenzen. Neue Windparks wie IJmuiden Ver, Nederwiek oder Doordewind liegen deutlich weiter draußen und erfordern Gleichstromtechnik und leistungsstärkere Umspannplattformen mit 2 Gigawatt. Diese Plattformen werden in Asien gefertigt und kosten pro Stück inklusive Kabel und Netzanschluss etwa 4,5 Milliarden Euro, wie die Volkskrant beschreibt. Wenn sich der Staat nicht an der Finanzierung beteiligt, müssen Haushalte und Betriebe die Last schultern. Laut Prognosen könnte der Netzanteil an der Stromrechnung bis 2040 auf jährlich 1100 Euro steigen – fast das Dreifache des aktuellen Niveaus.
Politische Debatte über Subventionen
Um diese Entwicklung zu bremsen, fordert das Parlament staatliche Unterstützung. Die Volkskrant berichtet von einem D66-Antrag mit breiter Unterstützung, der vorsieht, TenneT jährlich mit Milliarden zu bezuschussen. Die Idee: Die staatliche Unterstützung würde nicht direkt auf das Haushaltsbudget drücken, aber über eine höhere Staatsschuld finanziert. Für Haushalte würde dies laut Schätzungen eine Reduktion um etwa 150 Euro pro Jahr bedeuten, für Großverbraucher sogar deutlich mehr. Ministerin Hermans (VVD) prüft derzeit, ob dieses Modell zur Stabilisierung der Energiekosten beitragen kann.
Wirtschaftliche Risiken für die Industrie
Gleichzeitig warnen energieintensive Betriebe vor Abwanderung ins Ausland. Die derzeitigen und geplanten Netzentgelte seien im europäischen Vergleich bereits hoch, so die Volkskrant. Ohne Unterstützung könnten Firmen in Länder mit geringeren Energiekosten abwandern – mit wirtschaftlichen Folgen für den Standort Niederlande.
Investitionsdruck trotz Unklarheiten
Die Projektpipeline von TenneT ist trotz aller Risiken bereits weit vorangeschritten. Die Bauverträge sind für Plattformen und Kabelverlegungen bereits unterzeichnet, sodass ein Projektstopp zu hohen Vertragsstrafen führen würde. Zudem besteht Sorge, dass sich bei einem Rückzug der Energieunternehmen ein Szenario einstellt, in dem Milliardenprojekte mangels Abnehmer ungenutzt bleiben – mit entsprechendem politischen und wirtschaftlichen Flurschaden.
Ausblick: Hoffnung auf neues Finanzierungsmodell
Das niederländische Klimaministerium prüft daher ein Modell nach britischem Vorbild: „Contracts for Difference“ sollen Preisrisiken abfedern, indem bei niedrigen Strompreisen der Staat Ausgleichszahlungen leistet, während bei hohen Preisen Überschüsse abgeschöpft werden. Diese Lösung könnte Investoren mehr Planungssicherheit geben und die Offshore-Wende absichern.
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