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Vlogfamilien im Visier: Strengere Regeln

| von Redaktion

Vlogfamilie vor der Kamera | Künstlich erstellt mit DALLE

DEN HAAG · Konsequente Maßnahmen gegen moderne Kinderarbeit: Die niederländische Regierung zieht Konsequenzen aus der zunehmenden Kommerzialisierung von Kindern in sozialen Medien. Familienvlogs und sogenannte „Kidfluencer“-Kanäle, bei denen Kinder im Mittelpunkt stehen, werden künftig schärfer reguliert. Staatssekretär Jurgen Nobel (Ministerie van Sociale Zaken en Werkgelegenheid, SZW) kündigte an, die bestehende Gesetzgebung zur Kinderarbeit an die digitale Realität anzupassen, um das Wohl und die Rechte von Kindern besser zu schützen. Neben einer Ausweitung der Genehmigungspflicht für kommerzielle Inhalte sind auch höhere Bußgelder und eine gezielte Aufklärungskampagne geplant.

In der niederländischen Medienlandschaft sind sogenannte „Vlogfamilien“ und „Kidfluencer“ längst keine Randerscheinung mehr. Kinder erscheinen regelmäßig auf YouTube, Instagram oder TikTok – oft in Alltags- oder Familienszenen, manchmal gezielt zur Produktplatzierung. Damit geraten sie zunehmend in eine Grauzone zwischen Freizeitvergnügen und kommerzieller Ausbeutung. Staatssekretär Jurgen Nobel (SZW) sieht darin eine moderne Form von Kinderarbeit, die bislang nur schwer zu kontrollieren war. Um Kinder besser zu schützen, kündigte er in einer Mitteilung an die Tweede Kamer umfassende gesetzliche Anpassungen an. Künftig sollen Eltern, die mit ihren Kindern kommerzielle Inhalte produzieren, eine behördliche Ausnahmegenehmigung einholen. Diese Pflicht soll es der niederländischen Arbeitsinspektion ermöglichen, präventiv gegen Missstände vorzugehen. Nobel betont, dass Kinder keine Einnahmequelle sein sollten – das Kindeswohl stehe an erster Stelle. Ergänzt wird das Maßnahmenpaket durch eine Reform des Bußgeldsystems und eine gezielte Aufklärungskampagne für Eltern.

Strengere Regeln für Influencer-Eltern

Immer mehr Familien generieren Einkommen über Social-Media-Plattformen, auf denen ihre Kinder regelmäßig auftreten. Dabei ist nicht immer klar, ob es sich um ein Hobby oder eine berufliche Tätigkeit handelt – und genau dort setzt die geplante Gesetzesänderung an. Die bislang bestehende Regelung, wonach bei kommerziellen Filmaufnahmen mit Kindern unter 13 Jahren eine Ausnahmegenehmigung notwendig ist, soll auf familiäre Onlineformate ausgeweitet werden. Damit soll insbesondere verhindert werden, dass Kinder in einem unsicheren oder belastenden Umfeld aufwachsen, das durch hohe kommerzielle Erwartungen geprägt ist.

Eltern als Arbeitgeber – neue Pflichten

Ein zentrales Element der Neuregelung ist die Ausweitung des Arbeitgeberbegriffs im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Künftig sollen Eltern, die mit ihren Kindern Inhalte erstellen und damit Geld verdienen, formell als Arbeitgeber gelten. Sie müssen dann für die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorgaben sorgen und eine Genehmigung bei der Arbeitsinspektion beantragen. Damit wird eine rechtliche Grundlage geschaffen, um im Falle von Verstößen gezielt eingreifen und Sanktionen verhängen zu können. Auch eine Anpassung der bestehenden Bußgeldvorschriften ist vorgesehen, um bei Verstößen gegen die Genehmigungspflicht effektiv abschrecken zu können.

Risiken für Gesundheit, Entwicklung und Bildung

Wie aus der Untersuchung des Forschungsinstituts Panteia in Zusammenarbeit mit VHP hervorgeht, bestehen erhebliche Risiken für Kinder, wenn sie dauerhaft gefilmt und öffentlich präsentiert werden. Dazu zählen unter anderem ein gestörtes Selbstbild, hoher Leistungsdruck sowie eine eingeschränkte Schulbildung und Freizeitgestaltung. Auch die Kinderombudsstelle und Experten für Medienpädagogik warnen vor langfristigen Schäden, die durch die dauerhafte Onlinepräsenz entstehen können. Besonders problematisch sei zudem die Tatsache, dass sensible Momente – etwa Ängste oder Krankheiten – öffentlich geteilt werden und langfristig auffindbar bleiben.

Einfluss europäischer und nationaler Maßnahmen

Die geplanten Änderungen erfolgen im Einklang mit europäischen Regelungen wie der Digital Services Act (DSA), die Plattformbetreiber stärker in die Pflicht nehmen sollen, Minderjährige zu schützen. In den Niederlanden wird diese Aufgabe federführend vom Staatssekretariat für Digitalisierung und Königreichsbeziehungen koordiniert. Zudem sind weitere Ministerien – unter anderem für Bildung, Justiz und Gesundheit – in eine umfassende Strategie zur Förderung eines sicheren digitalen Umfelds eingebunden.

Aufklärungskampagne und Medienkompetenz

Ergänzt wird das regulatorische Maßnahmenpaket durch eine umfassende Informationskampagne. Diese soll Eltern gezielt über die Risiken und gesetzlichen Vorgaben beim Influencer-Marketing mit Kindern aufklären. Besonders Eltern, die bislang aus Unwissenheit oder Unterschätzung der Konsequenzen handeln, sollen sensibilisiert werden. Unterstützt wird die Initiative unter anderem durch das Expertisecentrum Digitalisering en Welzijn sowie das Netzwerk Mediawijsheid.

Gesetzesanpassung bis Jahresende

Die angekündigten Änderungen sollen bis Ende 2025 konkretisiert und dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden. Staatssekretär Nobel sieht darin einen wichtigen Schritt, um den Schutz von Kindern im digitalen Raum an die Herausforderungen der heutigen Medienwelt anzupassen. Die Regelungen sollen nicht nur präventiv wirken, sondern auch eine deutliche Botschaft senden: Kinder sind keine Geschäftsmodelle – sie haben ein Recht auf Privatsphäre, freie Entfaltung und eine unbeschwerte Kindheit.

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