AMSTERDAM · Der Bahnverkehr in der niederländischen Hauptstadt steht still, nachdem Aktivisten der Klimabewegung Extinction Rebellion (XR) und pro-palästinensische Gruppen am Mittwochabend die Gleise des Hauptbahnhofs besetzt haben. Mehrere Dutzend Demonstranten liefen kurz nach 19 Uhr auf die Gleisanlagen von Amsterdam Centraal, was aus Sicherheitsgründen zur sofortigen Sperrung aller Zugverbindungen von und nach dem Bahnhof führte. Nach Angaben der NS wird der Zugverkehr voraussichtlich bis etwa 20.45 Uhr beeinträchtigt bleiben. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort und nahm mehrere Personen fest. Die Aktivisten forderten ein vollständiges wirtschaftliches Embargo der Niederlande gegen Israel und protestierten gegen die Haltung des geschäftsführenden Kabinetts.

Die Aktion war Teil einer koordinierten Kampagne, die bereits in der vergangenen Woche zu Störungen am Bahnhof Den Haag Centraal geführt hatte. Dort war der Bahnverkehr ebenfalls für mehrere Stunden blockiert worden. Am Mittwoch wiederholte sich das Szenario nun in Amsterdam, wo etwa fünfzehn XR-Mitglieder die Gleise betraten und sich mit Handschellen am Bahnsteig niederließen. Nach rund einer Viertelstunde griff die Polizei ein und führte die Aktivisten ab, berichtete das AD. Laut AT5 wurde mindestens eine Person vorläufig festgenommen, die genaue Zahl der Verhaftungen ist noch unklar.

Zugverkehr vollständig zum Erliegen gekommen

Die Nederlandse Spoorwegen (NS) teilte mit, dass derzeit keine Züge von, nach oder über Amsterdam Centraal fahren. Ursache sind „personen op het spoor“, also "Personen auf dem Gleis", wie das Bahnunternehmen offiziell bestätigte. Nach Informationen der NS dauert die Unterbrechung voraussichtlich bis 20.45 Uhr an. Passagiere werden gebeten, alternative Routen zu prüfen oder auf spätere Verbindungen auszuweichen. Wegen der Sperrung von Amsterdam Centraal kommt es auch auf anderen Strecken im Land zu zunehmenden Behinderungen, da viele Zugverbindungen über den Knotenpunkt laufen.

Eine Sprecherin der NS erklärte, dass der Betrieb erst wieder aufgenommen werden könne, wenn die Gleise vollständig geräumt und von der Polizei freigegeben seien. Das Unternehmen steht nach eigenen Angaben in engem Kontakt mit Sicherheitsdiensten. Die Situation werde genau überwacht, hieß es weiter.

Forderungen nach Boykott Israels

Die Aktivisten hatten bereits am Vorabend angekündigt, dass sie am Mittwoch handeln würden, falls das Kabinett bis 15 Uhr keine Maßnahmen gegen Israel beschließe. Extinction Rebellion forderte in einer Mitteilung ein „vollständiges wirtschaftliches Embargo“ gegen das Land und die Anerkennung der israelischen Angriffe auf Gaza als Völkermord. Unterstützt wurden sie von weiteren pro-palästinensischen Gruppen, die zuvor auf dem Amsterdamer Dam demonstriert hatten, wie NOS und AT5 berichten.

Laut AD skandierten die Demonstranten auf den Gleisen Parolen wie „Amsterdam is saying no to genocide“, bevor die Polizei eingriff. XR bezeichnete die Blockade trotz des kurzen Verlaufs als „gesunde Aktion“, da die Botschaft klar vermittelt worden sei.

Polizei räumt Gleise und nimmt Aktivisten fest

Ein Sprecher der Amsterdamer Polizei bestätigte gegenüber AT5, dass alle Aktivisten von den Gleisen entfernt wurden. Mindestens eine Person wurde festgenommen, während andere freiwillig das Gelände verließen. Die genaue Zahl der Festnahmen steht noch nicht fest. Auf Aufnahmen, die XR selbst verbreitete, ist zu sehen, wie Teilnehmer mit Handschellen auf dem Bahnsteig sitzen.

Die Polizei sprach von einem geordneten Ablauf der Räumung, betonte jedoch, dass das Betreten von Bahngleisen strafbar sei. Auch der demissionäre Staatssekretär für Umwelt und öffentlichen Verkehr, Vivianne Aartsen (VVD), bezeichnete die Aktion laut NOS als „lebensgefährlich“ und erklärte, dass diese Form des Protests „eine Grenze überschreite“.

Wiederholte Blockaden in kurzer Zeit

Die Besetzung von Amsterdam Centraal folgt nur wenige Tage nach einem ähnlichen Zwischenfall in Den Haag, wo pro-palästinensische Aktivisten ebenfalls Gleise blockiert hatten. Dort lag der Zugverkehr fast drei Stunden still. Beide Aktionen stehen im Zusammenhang mit einer breiteren Protestwelle gegen die niederländische Haltung im Nahostkonflikt, die von XR und verbündeten Gruppen organisiert wird.

Die NS hat angekündigt, die Auswirkungen des Vorfalls zu prüfen und in den kommenden Stunden weitere Informationen bereitzustellen. Reisende werden gebeten, die aktuellen Hinweise im Reiseplaner zu verfolgen.