VVD kippt um: Feuerwerk-Aus rückt näher
| von Redaktion

DEN HAAG · Das niederländische Parlament steht vor einer entscheidenden Wende: Ein landesweites Feuerwerksverbot ist in greifbarer Nähe. Nachdem sich nun auch die VVD unter klaren Bedingungen hinter den Gesetzesvorschlag von GroenLinks-PvdA und der Partij voor de Dieren stellt, scheint eine Mehrheit in der Tweede Kamer wahrscheinlich. Bisher war die liberale Partei gespalten, doch der interne Kurswechsel gibt dem Vorhaben neuen Schwung. Der Entwurf sieht vor, lediglich leichtes Feuerwerk wie Knallerbsen und Wunderkerzen weiterhin zu erlauben. Polizei, Kommunen und sogar ein Großteil der Bevölkerung zeigen sich laut Umfragen offen für das Verbot – wenn auch nicht ohne Vorbehalte.
Die Debatte um ein generelles Feuerwerksverbot zur Jahreswende ist in den Niederlanden kein neues Thema – doch sie hat nun einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Über Jahre hinweg versuchten wechselnde Regierungen mit Teilverboten und lokalen Regelungen dem Problem beizukommen. Seit 2020 sind Knallkörper und Raketen verboten, seit 2022 können Gemeinden eigene Abfeuerverbote erlassen. Trotzdem bleibt die Silvesternacht für viele Einsatzkräfte brandgefährlich. Allein in der letzten Jahreswende wurden 295 Polizisten und 49 weitere Einsatzkräfte Opfer von Gewalt, meldete das Kabinett Anfang dieses Jahres. Die Initiative von GroenLinks-PvdA und der Partij voor de Dieren, die ursprünglich auf Eis lag, wurde nun erneut eingebracht – wohl wissend, dass sich die Mehrheitsverhältnisse zugunsten eines Verbots verschoben haben. Mit der aktuellen Zustimmung der VVD, unter anderem unter der Bedingung eines flächendeckenden und sofortigen Durchgreifens gegen illegales Feuerwerk, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Vorschlag angenommen wird. Auch die Möglichkeit kommunaler Ausnahmeregelungen für Vereinsfeuerwerke sowie lokale Shows gehört zu den Bedingungen der VVD. Die Branche fürchtet jedoch um ihre Existenz, spricht von einem drohenden Verlust kulturellen Erbes und erwartet Entschädigungen in Millionenhöhe.
Feuerwerk als Streitpunkt: Gesellschaft gespalten
Die Diskussion über ein Verbot wird nicht nur im Parlament, sondern auch in der Öffentlichkeit mit Nachdruck geführt. Wie das RTL Nieuwspanel berichtet, befürworten aktuell rund 74 Prozent der Bevölkerung ein generelles Feuerwerksverbot mit Raum für kommunale Shows – deutlich mehr als in früheren Umfragen. Selbst unter den Wählergruppen der Parteien, die sich in der Tweede Kamer bislang gegen das Verbot aussprechen, ist Zustimmung vorhanden: 59 Prozent der PVV- und BBB-Wähler unterstützen das Vorhaben. Auch unter den Anhängern der noch unentschlossenen NSC ist die Zustimmung hoch. Diese breite Akzeptanz in der Bevölkerung könnte den letzten Impuls liefern, um den Gesetzesentwurf erfolgreich durchzubringen.
VVD stellt Bedingungen – Feuerwerksbranche alarmiert
Die Zustimmung der VVD ist jedoch nicht uneingeschränkt. Die Partei knüpft ihre Unterstützung an ein effektives Durchgreifen gegen illegales Feuerwerk durch Polizei und Gemeinden. Zudem soll die Gesetzesvorlage explizit die Möglichkeit enthalten, dass Bürgermeister Sondergenehmigungen für Vereinsfeuerwerke erteilen und kommunale Feuerwerksshows durchführen lassen können. Ein weiterer zentraler Punkt: die Entschädigung der betroffenen Unternehmer. Nach Angaben von BNR und NOS rechnet die Branche mit einem Kompensationsbedarf zwischen 100 und 150 Millionen Euro – abhängig vom Zeitpunkt der Umsetzung. Leo Groeneveld, Vorsitzender der Branchenvereinigung Pyrotechniek Nederland, fordert eine individuelle Bewertung der Unternehmen, da sich die wirtschaftlichen Strukturen stark unterscheiden: Vom Einzelhändler mit Restposten bis hin zu Großimporteuren mit vollen Containern sei alles vertreten.
Zwischen Traditionspflege und Sicherheitslage
Die Gegner des Verbots argumentieren vor allem mit dem Verlust einer langjährigen Tradition. Zwar ist das private Abbrennen von Feuerwerk in den Niederlanden erst seit den 1960er Jahren üblich, doch für viele hat es sich zu einem festen Bestandteil des Jahreswechsels entwickelt. Groeneveld nennt es gar „kulturelles Erbe“ und warnt davor, diese Praxis durch zentrale Shows zu ersetzen, wie es beispielsweise in Frankreich der Fall ist. „Oud & Nieuw“ sei ein intimes Fest im Kreis der Familie, große Events passten nicht dazu. Für viele Feuerwerksfreunde ist ein landesweites Verbot daher nicht nur ein Einschnitt in ihre persönliche Feierkultur, sondern auch ein Zeichen staatlicher Bevormundung.
Sicherheitskräfte entlasten – oder überfordern?
Die Polizeigewerkschaften und viele Einsatzkräfte hingegen begrüßen die Entwicklung. Laut NOS sprach sich Korpschefin Janny Knol dafür aus, dass ein Verbot eine große Entlastung für die Polizei und andere Rettungsdienste bedeuten würde. Gleichzeitig betonte sie, dass ein solcher Schritt auch mehr Ressourcen und Engagement bei der Durchsetzung erfordere. Die VVD sieht diesen Punkt ebenfalls kritisch und fordert vom Kabinett eine „breit angelegte, sofortige“ Verstärkung der Maßnahmen gegen illegales Feuerwerk – ein Bereich, der in den vergangenen Jahrzehnten laut Groeneveld kaum Fortschritte gemacht hat.
Ausblick: Noch kein Gesetz – aber eine klare Richtung
Auch wenn eine definitive Entscheidung erst nach der kommenden Debatte in der Tweede Kamer zu erwarten ist, deuten die Zeichen klar auf ein baldiges Verbot hin. Die bisherige Allianz aus GroenLinks-PvdA, Partij voor de Dieren, CDA, D66, ChristenUnie, Volt, SGP und nun der VVD kommt gemeinsam auf 74 Sitze. Mit der Zustimmung von DENK oder NSC wäre die Mehrheit sicher. Ob die Umsetzung noch in diesem Jahr erfolgen kann, ist fraglich. Die Bedingungen der VVD – insbesondere in puncto Kompensation und Handhabbarkeit – könnten den Zeitplan verzögern. Dennoch: Noch nie war ein flächendeckendes Feuerwerksverbot in den Niederlanden so greifbar wie jetzt.
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