VNG: Vorwürfe gegen Wahlprozess gefährden Demokratie
| von Redaktion
DEN HAAG · Der Verband der Niederländischen Gemeinden (Vereniging van Nederlandse Gemeenten, VNG) warnt, dass jüngste Äußerungen über angeblichen Wahlbetrug eine Bedrohung für den demokratischen Rechtsstaat darstellen. Laut der Organisation werden Bürgermeisterinnen, Bürgermeister und Gemeindemitarbeiter ohne jede sachliche Grundlage diskreditiert, wodurch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die demokratischen Institutionen geschwächt werde. Die Erklärung folgt, nachdem PVV-Vorsitzender Geert Wilders am Freitag auf X Beiträge teilte, die Manipulationen im Wahlverfahren andeuten. Die VNG bezeichnet die Vorwürfe als „tendenziös“ und „ohne jeden Beweis“ und sieht darin eine direkte Gefahr für die demokratische Ordnung des Landes.
Die VNG betont, dass die Gemeinden den Wahlprozess mit größter Sorgfalt und Transparenz durchführen. Vorsitzende Sharon Dijksma hebt hervor, dass tausende Beschäftigte und Freiwillige daran arbeiten, faire und ordnungsgemäße Wahlen sicherzustellen. Das Untergraben ihrer Integrität ohne faktische Grundlage bedeute, „an der Wurzel der Demokratie zu sägen“. Sowohl NOS als auch De Telegraaf berichten, dass die Organisation die über soziale Medien verbreiteten Betrugsspekulationen mit großer Sorge betrachte. Die Herkunft der Beiträge sei unklar, und Wilders habe keinerlei Beweise geliefert. Die Wahlbehörde Kiesraad und mehrere betroffene Städte, darunter Maastricht, Leiden und Zaanstad, wiesen die Vorwürfe entschieden zurück. Ein Sprecher der Stadt Zaanstad bezeichnete die Anschuldigungen als „völligen Unsinn“.
VNG ruft zu Zurückhaltung auf
Die VNG fordert Bürger und Politiker zu Zurückhaltung im öffentlichen Diskurs auf und mahnt Respekt vor rechtsstaatlichen Verfahren an. Nach Dijksmas Auffassung sei es gefährlich, Misstrauen in eine ohnehin angespannte Gesellschaft zu streuen. Wenn solche Behauptungen unwidersprochen blieben, könnten sie leicht als Wahrheit gelten. Der Verband bekräftigt sein Vertrauen in die Kiesraad und unterstützt deren Rolle bei der Untersuchung eventueller Auffälligkeiten im Wahlprozess. Dies ist ein üblicher Vorgang nach jeder Wahl.
Gemeinden und Wahlbehörde weisen Betrugsvorwürfe zurück
Die Kiesraad hat zuvor auf Wilders’ Behauptungen reagiert, die Sicherheitsprüfung der Wahlsoftware sei von einem Unternehmen mit angeblicher Nähe zu D66 durchgeführt worden. Nach Angaben der Wahlbehörde gebe es keinerlei Hinweise auf Unregelmäßigkeiten oder Verstöße. Auch die betroffenen Städte Maastricht, Leiden und Zaanstad bestätigten, dass keine Fehler festgestellt wurden. Die Berichte über angeblich fehlerhafte Stimmzettel seien haltlos. Damit bekräftigen die Gemeinden, dass die Wahlverfahren sorgfältig und transparent abliefen.
Vertrauen in demokratische Institutionen
Die VNG warnt, dass das unbegründete Infragestellen der Integrität von Wahlverantwortlichen nicht nur einzelne Amtsträger, sondern das Vertrauen in die gesamte demokratische Struktur gefährde. Dijksma betont, dass das niederländische Wahlsystem offen und überprüfbar sei. Kritik ohne faktische Grundlage trage zur gesellschaftlichen Spaltung bei. Nach AD und De Telegraaf wertet die VNG diese Angriffe als „direkte Bedrohung der Demokratie“. Der Verband ruft dazu auf, das Vertrauen in die Institutionen zu stärken und verantwortungsvoll mit öffentlichen Äußerungen umzugehen, um die Stabilität des demokratischen Systems zu bewahren.
Wer ist Wilders und die PVV überhaupt?
Geert Wilders (geb. 1963 in Venlo) ist einer der bekanntesten und zugleich umstrittensten Politiker der Niederlande. Er begann seine politische Laufbahn in der rechtsliberalen VVD, verließ die Partei jedoch 2004 nach einem Streit über die mögliche EU-Mitgliedschaft der Türkei. Kurz darauf gründete er seine eigene Bewegung, zunächst als „Groep Wilders“, später als Partij voor de Vrijheid (PVV) (auf Deutsch: Partei für die Freiheit).
Die PVV ist in der niederländischen Parteienlandschaft ein Sonderfall: Sie hat nur ein einziges echtes Mitglied, Geert Wilders selbst. Alle anderen Unterstützer, Abgeordnete und Minister gehören nicht formell der Partei an. Damit besitzt Wilders uneingeschränkte Kontrolle über Finanzen, Personal und politische Ausrichtung. Juristisch ist die PVV so aufgebaut, dass Wilders alleiniger Entscheidungsträger bleibt. Die Partei gilt daher als nicht intern demokratisch organisiert, was wiederholt Anlass zur Kritik gab.
Politisch steht die PVV für rechtsnationalistische und stark migrationskritische Positionen. Sie lehnt den Islam als Religion ab, bezeichnet ihn als „totalitäre Ideologie“ und fordert ein Verbot des Korans sowie ein Ende islamischer Einwanderung. Wirtschaftlich vertritt die Partei teils sozialpopulistische Ansichten (z. B. gegen Rentenkürzungen), während sie außenpolitisch euroskeptisch und stark pro-israelisch auftritt.
Unter Wilders’ Führung stieg die PVV von einer Ein-Mann-Fraktion zu einer der größten politischen Kräfte des Landes auf. 2023 gewann sie mit 37 Sitzen die Parlamentswahl und stellte erstmals Minister im Kabinett Schoof, das im Sommer 2025 nach einem Streit über die Migrationspolitik zerbrach.
Trotz zahlreicher Kontroversen bleibt Wilders eine zentrale Figur der niederländischen Politik. Er ist ein Populist, der sich selbst als „Verteidiger der Freiheit und des niederländischen Volkes“ versteht, und den Kritiker jedoch als autoritären Ein-Mann-Parteichef sehen.
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