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Trinkwasser in Gefahr – Einsparziele weit verfehlt

| von Redaktion

Trinkwasser ist wertvoll. | Foto: Holland.guide

DEN HAAG · Die Niederlande steuern auf eine zunehmende Trinkwasserkrise zu. Laut einem aktuellen Bericht der Algemene Rekenkamer gelingt es nicht, das Trinkwasserverbrauchsziel ausreichend schnell zu senken. Der Wasserbedarf steigt weiter, während konkrete Maßnahmen zur Einsparung weitgehend ausbleiben. Besonders kritisch: Unternehmen steigern ihren Verbrauch, obwohl seit Jahren ein Rückgang angestrebt wird. Auch eine umfassende Belastung des Grundwassers mit Schadstoffen verschärft die Situation erheblich. Die Versorgungssicherheit ist laut Experten zunehmend bedroht.

Der Bericht „Drinkwater onder druk“ der Algemene Rekenkamer, veröffentlicht am 13. Mai 2025, zieht ein alarmierendes Fazit: Die vom Ministerium für Infrastruktur und Wasserstaat gesetzten Ziele zur Reduzierung des Trinkwasserverbrauchs sind bisher kaum wirksam umgesetzt. Während Haushalte laut Statistik ihren täglichen Pro-Kopf-Verbrauch von 119 Litern im Jahr 2023 etwas gesenkt haben, ist das Ziel von 100 Litern pro Person bis 2035 in weiter Ferne. Noch gravierender ist die Entwicklung bei Unternehmen: Deren Verbrauch soll bis 2035 um 20 % gegenüber dem Zeitraum 2016–2019 gesenkt werden – tatsächlich ist er in den letzten Jahren gestiegen. Dabei warnten RIVM und andere Behörden schon 2023, dass der Bedarf 2030 um 102 Milliarden Liter über dem von 2020 liegen wird, wenn keine Umkehr gelingt. Doch effektive Einsparprogramme fehlen, und viele Maßnahmen – etwa das Toilettenspülen mit Regenwasser – kommen frühestens 2028 zum Tragen. Ein Problem, denn parallel entstehen neue Wohnviertel ohne Wiederverwendungssysteme.

Trinkwasserverbrauch: Verhalten bleibt stabil

Eine landesweite Kampagne zur Sensibilisierung für sparsamen Wasserverbrauch wurde gestartet, doch laut Rekenkamer ist unklar, ob sie überhaupt eine messbare Wirkung entfaltet. Preissteigerungen greifen ebenfalls nicht – die sogenannte Preiselastizität für Trinkwasser ist gering. Das heißt: Selbst bei höheren Preisen ändert sich das Verhalten der Verbraucher kaum. Die Experten mahnen daher dringend mehr steuernde Maßnahmen an, auch im Neubausektor.

Unternehmen: Zu hoher Bedarf und fehlende Übersicht

Besonders bedenklich ist der steigende Wasserverbrauch in der Industrie, insbesondere in der Lebensmittel- und Chemiebranche. Einige Unternehmen erhielten seit 2022 keine neuen Wasseranschlüsse mehr, da Reserven fehlen. Dennoch erkennt das Ministerium den Ernst der Lage erst spät. Zwischenziele fehlen, sodass ein Controlling der Fortschritte kaum möglich ist. Zudem besteht kein klarer Überblick, welche Maßnahmen in den einzelnen Sektoren überhaupt wirken könnten.

Belastetes Grundwasser: Unsichtbare Gefahr

Parallel zum steigenden Verbrauch zeigt der Bericht zur Grundwasserqualität 2021–2022 von Arcadis im Auftrag des Plattform Meetnetbeheerders Grondwaterkwaliteit ein besorgniserregendes Bild. In 84 % der untersuchten flachen Grundwasserproben wurden mindestens eine oder mehrere umweltfremde Stoffe festgestellt – oft mit Grenzwertüberschreitungen. Besonders verbreitet sind Pestizidrückstände, industrielle Verbindungen, medizinische Substanzen sowie PFAS, die als sehr besorgniserregend gelten. Diese Stoffe sind langlebig, mobil und giftig – ihre Entfernung aus dem Trinkwasser ist technisch aufwendig oder unmöglich. Die niederländischen Böden und Grundwasserreservoirs sind also flächendeckend „vergraut“ – eine stille Krise.

Stellungnahme von Thomas Klimeck, Chefredakteur von DACHIST, Chemiker und Physiker:
„In den Niederlanden gibt es scheinbar Wasser im Überfluss – doch sauberes Trinkwasser wird zur Mangelware. Wer so mit seinen Ressourcen umgeht, gefährdet nicht nur die Umwelt, sondern auch die Versorgungssicherheit zukünftiger Generationen. Es ist höchste Zeit für konsequentes Handeln.“

Risiken für die Trinkwasserversorgung

Die Rekenkamer weist darauf hin, dass der Minister nicht weiß, wie sich diese Entwicklungen auf die Versorgungssicherheit auswirken. Auch ist unklar, wie viele Bauprojekte durch mangelnde Trinkwasseranschlüsse ins Stocken geraten. Die bisherigen politischen Reaktionen bleiben vage – Minister Madlener kündigte zwar weitere Untersuchungen und Gespräche mit Unternehmen und Haushalten an, konkrete und zeitnahe Maßnahmen fehlen jedoch.

Maßnahmen notwendig, Zeit läuft davon

Angesichts des steigenden Bedarfs, der unzureichenden Einsparungen und der massiven Grundwasserbelastung bewerten Experten die Lage als ernst. Die Ziele für 2035 werden ohne radikales Umdenken kaum erreichbar sein. Die Algemene Rekenkamer fordert daher klare Zwischenziele, effektive Instrumente und ein höheres Tempo bei der Umsetzung – insbesondere im Neubausektor und in der Industrie.

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