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Stillstand rund um Den Haag

| von Redaktion

A4 Richtung Den Haag | Foto: Holland.guide

DEN HAAG · Verkehrschaos vorprogrammiert: Die bevorstehende NATO-Konferenz am 24. und 25. Juni im World Forum Den Haag hat massive Folgen für das öffentliche Leben in der Randstad - dem Gebiet zwischen Rotterdam, Amsterdam und Utrecht. Wegen zahlreicher Straßensperrungen, abgesperrter Verkehrsadern und strengster Sicherheitsmaßnahmen ruft Rijkswaterstaat alle Bürger auf, die Region großräumig zu meiden. Schon ab Sonntag, dem 22. Juni, beginnt der Ausnahmezustand auf den Straßen – mit massiven Auswirkungen für Pendler, Logistikunternehmen und Anwohner. Das Ausmaß der Einschränkungen übertrifft deutlich frühere Großereignisse, wie die Nukleargipfel-Konferenz 2014.

Wer in der Woche vom 22. bis 27. Juni plant, mit dem Auto durch die Randstad zu fahren, sollte sich auf drastische Behinderungen einstellen – oder es am besten ganz lassen. In den Haag sind selbst einige Gebiete komplett abgesperrt. Mit der erstmaligen Ausrichtung der NATO-Jahreskonferenz empfängt die Niederlande Dutzende Staats- und Regierungschefs sowie tausende Delegierte aus aller Welt. Entsprechend hoch sind die Sicherheitsvorkehrungen, die insbesondere die Region zwischen dem Flughafen Schiphol und dem Tagungsort in Den Haag betreffen. Um eine sichere und reibungslose An- und Abreise der Delegationen zu gewährleisten, wird eine sogenannte „Korridor“-Route großräumig gesperrt. Das bedeutet: Komplett- und Teilabsperrungen auf den Autobahnen A5, A4, A44 und N44 sowie auf regionalen Verkehrsachsen wie der N440 und N434. Diese Maßnahmen gelten teilweise in beide Richtungen – und das über mehrere Tage hinweg. Vor allem an den kritischen Tagen 23. bis 25. Juni wird mit einer Verdreifachung des üblichen Verkehrsaufkommens gerechnet, wie Rijkswaterstaat warnt. Lokale Medien wie NOS und AD berichten übereinstimmend von bis zu 450 Kilometern Stau im schlimmsten Fall. Wer die Fahrt nicht vermeiden kann, sollte laut Rijkswaterstaat auf das Fahrrad oder den ÖPNV umsteigen – auch wenn bei der Bahn ebenfalls mit Überlastung zu rechnen ist.

Ausnahmezustand auf Hollands Straßen

Die Dimension der geplanten Sicherheitsmaßnahmen ist historisch. Noch nie zuvor wurde eine derartige logistische und infrastrukturelle Operation in der Randstad durchgeführt. Zwischen Sonntagmittag, 22. Juni, und Freitagmorgen, 27. Juni, sind auf zentralen Verkehrsachsen zahlreiche Sperrungen vorgesehen. Die A5 wird zwischen den Knotenpunkten Raasdorp (A9) und De Hoek (A4) vollständig geschlossen. Auf der A4 zwischen De Hoek und Burgerveen entfallen zwei Fahrstreifen, gesichert durch Barrieren. Die A44 und N44 sind von Sonntagabend bis Freitagmorgen komplett dicht. Auch die N440 (Hubertustunnel) sowie die N434 (Corbulo-Tracé) sind teilweise ganztägig gesperrt – besonders kritisch am Mittwoch, dem 25. Juni.

Der gesamte „Korridor“ vom Flughafen Schiphol bis ins Zentrum Den Haags wird zur Sicherheitszone erklärt. Das bedeutet: Keine privaten Fahrzeuge, keine Lieferdienste, keine Fahrradfahrer. Nur Sonderfahrzeuge – Delegationskonvois, Polizei, Rettungsdienste – erhalten Freifahrt. Um die Folgen auf das restliche Straßennetz zu minimieren, hat Rijkswaterstaat mehr als 1.000 Umleitungs- und Verkehrsschilder installieren lassen. Verkehrsteilnehmer ohne Ziel in der Region werden gezielt über den Osten der Randstad geleitet.

Besonders betroffen sind Orte entlang der Küstenlinie und nördlich von Den Haag: Wassenaar, Katwijk, Noordwijk, Leiden, Haarlemmermeer und Teile von Rotterdam. Auch dort rechnet man mit eingeschränkter Erreichbarkeit und enormen Staus.

Folgen für Alltag, Wirtschaft und Veranstaltungen

Die Maßnahmen betreffen nicht nur Pendler. Auch Veranstaltungen, Lieferketten und ganze Wirtschaftsbereiche geraten in Mitleidenschaft. Der Transportsektor, vertreten durch Transport en Logistiek Nederland (TLN), warnt vor erheblichen Herausforderungen. Man verstehe zwar die Notwendigkeit der Maßnahmen, betone aber den zusätzlichen Koordinationsaufwand für Logistiker und Speditionen. TLN fordert seine Mitglieder auf, die Umleitungen genau zu befolgen und ihre Routen eng mit Auftraggebern abzustimmen.

Zahlreiche Events wurden bereits abgesagt – darunter Sportwettkämpfe wie Radrennen und mehrere Festivals. Auch private und geschäftliche Treffen sollen laut Regierung möglichst verschoben oder digital abgehalten werden. Das betrifft vor allem die Tage vom 23. bis 25. Juni. Der Appell lautet: Keine Außentermine, keine Fahrten, möglichst Homeoffice.

Selbst große Institutionen wie das Leids Universitair Medisch Centrum (LUMC) haben Sonderlösungen vereinbart, um für Patienten erreichbar zu bleiben. Für Polizei und Rettungskräfte gelten Sondergenehmigungen – sie dürfen im Notfall auch Radwege benutzen. Bürger innerhalb der abgesperrten Zone können auf Hilfe zählen: Sicherheitsdienste, Feuerwehr und Sanitätskräfte sind laut Gemeente Den Haag vor Ort einsatzbereit.

Die Absperrungen in der Woche des NATO-Gipfels © Rijkswaterstaat

Zug statt Stau? Nur bedingt eine Alternative

Wer denkt, auf die Bahn ausweichen zu können, sollte ebenfalls genau planen. Zwar fährt die Nederlandse Spoorwegen (NS) nach aktuellem Stand ihren normalen Fahrplan – allerdings rechnet man auch dort mit massiven Kapazitätsengpässen. Zusätzliche Züge sind nicht vorgesehen, weshalb die Bahnstrecken zwischen Amsterdam, Den Haag und Rotterdam in dieser Woche schnell überfüllt sein könnten. Auch für das lokale Nahverkehrsnetz – Busse, Trams, Regionalzüge – ist mit Engpässen oder gar Ausfällen zu rechnen.

Das Problem: Die genaue Wirkung der Straßensperrungen auf den ÖPNV lässt sich kaum vorhersagen. Rijkswaterstaat warnt, dass auch hier Strecken betroffen sein könnten – etwa durch spontane Umleitungen oder Sicherheitskontrollen.

Politischer Kontext: Mehr als nur ein Gipfel

Die NATO-Konferenz in Den Haag ist mehr als ein diplomatisches Großereignis – sie steht symbolisch für die sicherheitspolitische Neuausrichtung Europas. In einer zunehmend angespannten Weltlage, mit wachsender Bedrohung durch Cyberattacken, Desinformationskampagnen und geopolitische Konflikte, will sich das Bündnis geschlossen zeigen. Entsprechend hoch ist der symbolische und tatsächliche Aufwand. Die Veranstalter betonen, dass die Sicherheitslage im Vergleich zur Nukleartagung 2014 deutlich verschärfter ist. Die Teilnehmerliste – unter anderem mit Präsidenten wie Emmanuel Macron, Recep Tayyip Erdoğan und möglicherweise Donald Trump – verdeutlicht die internationale Brisanz.

Der Schutz dieser Personen hat oberste Priorität. Und das bedeutet: Der normale Alltag in der Randstad muss zurückstehen. Die Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, in dieser Woche mit Geduld, Flexibilität und möglichst viel Verständnis zu reagieren.

Die Empfehlungen wegen des erwarteten hohen Verkehrsaufkommens. © Rijkswaterstaat

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