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Shell vor der höchsten Instanz: Klimastreit eskaliert

| von Redaktion

Hoge Raad in Den Haag | Foto: HOLLAND.guide

DEN HAAG · Die niederländische Umweltorganisation Milieudefensie zieht im Rechtsstreit gegen Shell vor die höchste Instanz des Landes, den Hoge Raad. Ziel ist es, den Energiekonzern zu verpflichten, seine CO₂-Emissionen bis 2030 um 45 Prozent gegenüber 2019 zu reduzieren. Nachdem das Gericht in Den Haag im Mai 2021 dieser Forderung stattgab, hob das Berufungsgericht im November 2024 dieses Urteil auf. Milieudefensie hat die volle Bedenkzeit genutzt und entschieden, in Kassation zu gehen, um eine klare Reduktionsverpflichtung für Shell zu erreichen.

Im Mai 2021 sorgte das Gericht in Den Haag für Aufsehen, als es Shell dazu verpflichtete, seine CO₂-Emissionen bis 2030 um 45 Prozent zu senken. Dieses Urteil wurde als wegweisend im Kampf gegen die Klimakrise gefeiert. Shell legte jedoch Berufung ein, und das Berufungsgericht in Den Haag hob im November 2024 das vorherige Urteil auf. Zwar erkannte das Gericht an, dass Shell eine Verantwortung zur Emissionsreduktion trägt, legte jedoch kein konkretes Reduktionsziel fest. Es argumentierte, dass eine spezifische Vorgabe zu unerwünschten globalen Effekten führen könnte, da Kunden bei einer Angebotsverknappung durch Shell möglicherweise auf andere, potenziell umweltschädlichere Anbieter ausweichen würden.

Hintergrund des Rechtsstreits

Die Auseinandersetzung zwischen Milieudefensie und Shell begann im Jahr 2019, als die Umweltorganisation gemeinsam mit anderen Klägern eine Klage einreichte. Sie forderten, dass Shell seine Klimastrategie an den Zielen des Pariser Abkommens ausrichtet und bis 2030 eine Reduktion der CO₂-Emissionen um 45 Prozent im Vergleich zu 2019 erreicht. Im Mai 2021 gab das Gericht in Den Haag den Klägern recht und verpflichtete Shell zu dieser Reduktion. Dieses Urteil wurde als historisch bezeichnet, da es das erste Mal war, dass ein Unternehmen gerichtlich zur Einhaltung der Klimaziele verpflichtet wurde.

Shell legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Im November 2024 entschied das Berufungsgericht, dass zwar eine Verantwortung von Shell zur Emissionsreduktion besteht, jedoch keine spezifische Reduktionsvorgabe gemacht werden könne. Das Gericht argumentierte, dass eine solche Vorgabe zu globalen Marktverzerrungen führen könnte, da andere Anbieter die Lücke füllen könnten, was letztlich keinen positiven Effekt auf die globalen Emissionen hätte.

Argumente von Milieudefensie

Milieudefensie ist der Ansicht, dass Shell eine klare Verantwortung hat, seinen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten. Die Organisation betont, dass ohne konkrete Zielvorgaben die Gefahr besteht, dass Unternehmen ihre Verantwortung verwässern. Donald Pols, Direktor von Milieudefensie, erklärte NOS: "Wir haben lange Gespräche mit unseren Anwälten geführt, weil man bei einer Kassationsentscheidung auch viel verlieren kann." Dennoch sieht die Organisation genügend rechtliche Grundlagen, um eine spezifische Reduktionsverpflichtung durchzusetzen.

Ein zentrales Argument von Milieudefensie ist, dass ohne klare Vorgaben der notwendige Druck auf Unternehmen fehlt, ihre Geschäftsmodelle nachhaltig zu transformieren. Die Organisation verweist auf die dringende Notwendigkeit, die Klimaziele des Pariser Abkommens einzuhalten, und sieht Shell in der Pflicht, einen fairen Beitrag dazu zu leisten. Zudem betont Milieudefensie, dass die Verantwortung von Unternehmen nicht nur auf nationaler Ebene, sondern global betrachtet werden muss, da die Auswirkungen ihrer Entscheidungen weltweite Konsequenzen haben.

Reaktion von Shell

Shell hat auf die Entscheidung von Milieudefensie reagiert und betont, dass man weiterhin davon überzeugt sei, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts korrekt war. Frans Everts, Präsident-Direktor von Shell Nederland, erklärte gegenüber NOS: "Wir glauben, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts die richtige ist. Wir sind überzeugt, dass wir auch beim Hoge Raad im Recht sein werden." Das Unternehmen verweist darauf, dass es bereits eigene Ziele zur Reduktion der CO₂-Emissionen verfolgt und Maßnahmen ergreift, um diese zu erreichen. Zudem argumentiert Shell, dass eine isolierte Reduktion des eigenen Angebots ohne gleichzeitige Reduktion der Nachfrage zu keiner globalen Emissionsminderung führen würde, da andere Anbieter die entstehende Lücke füllen könnten.

Shell betont zudem, dass das Unternehmen bereits Schritte unternimmt, um die eigenen Emissionen zu reduzieren. So verweist das Unternehmen auf Investitionen in erneuerbare Energien und die Entwicklung von Technologien zur CO₂-Abscheidung und -Speicherung. Dennoch bleibt unklar, ob diese Maßnahmen ausreichen, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, insbesondere ohne konkrete und überprüfbare Reduktionsziele.

Bedeutung des Verfahrens vor dem Hoge Raad

Der Gang zum Hoge Raad ist von großer Bedeutung, da dieser als höchste rechtsprechende Instanz in den Niederlanden fungiert. In der Kassation wird nicht der gesamte Fall neu verhandelt, sondern es wird geprüft, ob das Recht korrekt angewendet wurde und ob die Urteilsbegründung des Berufungsgerichts stichhaltig ist. Sollte der Hoge Raad zugunsten von Milieudefensie entscheiden, könnte dies weitreichende Konsequenzen für Unternehmen haben und den Druck erhöhen, konkrete Maßnahmen zur Emissionsreduktion zu ergreifen.

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