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Rote Karte für Makrele und Hering: Supermarkt-Aus droht jetzt

| von Redaktion

Symbolbild | Bild von Stephanie Albert auf Pixabay

ROTTERDAM · Die einst beliebte Makrele könnte bald aus den niederländischen Supermarktregalen verschwinden. Grund ist eine neue Einstufung in der niederländischen Viswijzer, die Verbraucherinnen und Verbrauchern seit heute vom Kauf der Fischart abrät. Die gemeinnützige Organisation Good Fish, unterstützt vom WWF, hat die Atlantikmakrele aufgrund anhaltender Überfischung auf "rot" gesetzt. Obwohl die Makrele bereits seit 2019 kein MSC-Siegel mehr trägt, wurde sie bislang noch verkauft – nun könnte damit Schluss sein. Der Handel, der sich selbst zu nachhaltiger Beschaffung verpflichtet hat, steht unter Druck. Die Branche ist empört und spricht von einem voreiligen Schritt mit möglicherweise drastischen Folgen.

Die heutige Entscheidung der Viswijzer, Makrele (Makreel) und atlantische Heringe (Haring, Hollandse nieuwe, Bliek, Rolmops, Maatje) mit einem roten Label zu versehen, sorgt in der niederländischen Fischerei- und Einzelhandelswelt für erhebliche Unruhe. Denn was als Orientierungshilfe für nachhaltigen Konsum gedacht ist, könnte kurzfristig zu einem Verkaufsstopp führen – insbesondere bei der Makrele, die in niederländischen Supermärkten weit verbreitet ist. Die neue Bewertung basiert laut Good Fish auf der anhaltenden Überfischung in der Nordostatlantik-Region. Seit dem Auslaufen verbindlicher Quotenabkommen im Jahr 2010 hat jedes Land eigene Fangmengen festgelegt. Besonders Norwegen und die Färöerinseln gelten laut Viswijzer als Hauptverantwortliche für die Überfischung, da sie sich nicht an wissenschaftliche Empfehlungen halten. Die EU hingegen habe sich bisher zurückhaltend gezeigt und die früheren Quotenanteile respektiert.

Der Sektor kritisiert die Entscheidung scharf. Die niederländische Visfederatie bezeichnet die Neubewertung als überstürzt und verweist darauf, dass die wissenschaftlichen Daten eine "rote" Einstufung derzeit nicht rechtfertigen würden. Auch visserij.nl meldet, dass sowohl Makrele als auch Atlantoharing zwar unter Fischereidruck stehen, die Bestände jedoch noch oberhalb kritischer Schwellen liegen. Besonders die Makrele bewege sich noch über dem sogenannten Vorsorgelimit, welches als Management-Auslöser gilt. Auch für den Atlantoharing – der für den niederländischen Markt eine untergeordnete Rolle spielt – sieht das 2025er Fanggutachten sogar eine Erhöhung der erlaubten Fangmenge um 3 Prozent vor. Dennoch lautet die Botschaft der Viswijzer: Finger weg.

Das Problem mit der Makrele

Die Atlantische Makrele (Scomber scombrus) ist ein pelagischer Raubfisch, der weite Wanderungen zwischen kalten und wärmeren Gewässern unternimmt. Gefangen wird sie hauptsächlich mit pelagischen Schleppnetzen, Ringwaden und Flyshoot-Verfahren. Diese Fangmethoden gelten als relativ selektiv und bodenschonend, doch die Fischereidrucke steigen seit Jahren unkontrolliert. Ein international abgestimmtes Management fehlt. Zwar gibt es in der Nordsee bestimmte saisonale Schließzeiten und Mindestgrößenregelungen, doch seit 2010 sind verbindliche Abkommen zwischen den Küstenstaaten gescheitert. Besonders problematisch ist, dass einzelne Länder ihre Fangquoten eigenmächtig erhöhen, gestützt auf angeblich geänderte Wanderverhalten der Fischbestände – wissenschaftlich bisher nicht abgesichert.

Die Entscheidung der Viswijzer, die Makrele nun in die rote Kategorie zu setzen, könnte erhebliche Auswirkungen auf das Angebot in niederländischen Supermärkten haben. Handelsketten wie Albert Heijn, Jumbo, Aldi und Coop haben sich über das Netzwerk NAPA verpflichtet, nur Fisch mit MSC- oder ASC-Siegel oder grünem Viswijzer-Rating zu verkaufen. Viele von ihnen verkaufen seit dem Verlust des MSC-Siegels im Jahr 2019 weiterhin Makrele – solange die Viswijzer sie nicht explizit abrät. Diese Argumentationsgrundlage entfällt jetzt. Good Fish-Direktorin Margreet van Vilsteren betont gegenüber Distrifood, dass sich der Handel in diesem Fall selbst zur Einstellung des Verkaufs verpflichtet hat.

Kritik aus der Fischerei

Die niederländische Fischwirtschaft sieht sich zu Unrecht in die Ecke gedrängt. In einer Mitteilung, die auf visserij.nl veröffentlicht wurde, kritisiert die Branche Good Fish scharf. Man teile zwar die Sorge um die Fischbestände, doch basiere die Roteinstufung nicht auf aktuellen wissenschaftlichen Bewertungen. Makrele und Atlantoharing seien zwar stark befischt, aber nicht überfischt. Die Entscheidung treffe vor allem die verantwortungsvoll arbeitenden Fischer in der EU, während die eigentlichen Verursacher – Norwegen und die Färöer – sich der Kritik entziehen könnten. Auch sei es problematisch, dass viele der betroffenen Makrelenbestände nicht primär für den menschlichen Verzehr, sondern für Fischmehl und -öl verarbeitet werden.

Ein weiterer Kritikpunkt: Die Entscheidung von Good Fish erfolgte unabhängig von den Fristen und Vereinbarungen innerhalb von NAPA. Die von über 40 europäischen Handelsunternehmen gegründete Initiative hatte den betroffenen Staaten noch bis April 2026 Zeit eingeräumt, um sich auf ein nachhaltiges Fischereimanagement zu einigen. Ein Richtungswechsel im Einzelhandel aufgrund der Viswijzer käme dieser Ultimatumsetzung zuvor und könne die Verhandlungsposition schwächen.

Folgen für Verbraucher und Handel

Während Fischliebhaberinnen und -liebhaber in Deutschland kaum betroffen sind – dort ist Makrele ein Nischenprodukt – könnte der Schritt in den Niederlanden zur spürbaren Lücke im Sortiment führen. Zwar gibt es laut Distrifood noch Tiefkühlvorräte, die theoretisch weiter verkauft werden dürfen, doch widerspricht das dem Nachhaltigkeitsversprechen vieler Supermärkte. Das Marine Stewardship Council (MSC) ruft die Einzelhändler dazu auf, sich an ihre Zusagen zu halten und schnell nachhaltige Alternativen anzubieten.

Der Druck auf die Händler steigt. Zugleich könnte das rote Signal der Viswijzer die Debatte über nachhaltige Fischerei neu befeuern. Eine Rücknahme des "Makreel-Beschlusses" scheint derzeit jedoch unwahrscheinlich. Die Viswijzer bezieht sich auf die aktuellsten verfügbaren Daten und bleibt bei ihrer Bewertung. Für die Konsumentinnen und Konsumenten heißt das: Wer sich an Nachhaltigkeitsratgeber hält, sollte künftig die Finger von Makrele lassen – auch wenn sie noch in der Truhe liegt.

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