Oppositionsfehler bringt PVV-Gesetz voran
| von Redaktion

DEN HAAG · Eine Panne bei der Abstimmung über Verschärfungen im niederländischen Asylrecht hat zur vorläufigen Annahme eines heftig umstrittenen Vorschlags der rechtspopulistischen PVV geführt: Künftig soll illegaler Aufenthalt in den Niederlanden strafbar sein. Eigentlich sollte der Vorstoß scheitern, doch mehrere Abgeordnete der linken Opposition waren während der entscheidenden Abstimmung abwesend – zum Teil wegen der Keti-Koti-Gedenkfeier. Ein üblicher Ausgleich der Stimmen („Pairing“) funktionierte nicht. Die PVV erhielt somit überraschend eine Mehrheit. Ob das Gesetz endgültig verabschiedet wird, entscheidet sich erst am Donnerstag.
Die Abstimmung im niederländischen Parlament über Verschärfungen im Asylrecht hat am Dienstag für einen politischen Paukenschlag gesorgt. Eigentlich war erwartet worden, dass der von der PVV eingebrachte Vorschlag, illegalen Aufenthalt strafbar zu machen, aufgrund eines ausgeglichenen Stimmenverhältnisses abgelehnt wird. Doch durch eine Verkettung von Abwesenheiten aufseiten der Opposition wurde der Antrag mit 72 zu 69 Stimmen angenommen. Besonders brisant: Mehrere Abgeordnete befanden sich zeitgleich bei der Gedenkveranstaltung zum Ende der Sklaverei in den Niederlanden. Zwar ist es im Parlament üblich, bei Abwesenheit ein sogenanntes „Pairing“ mit einem Abgeordneten der Gegenseite zu vereinbaren, um das Kräfteverhältnis auszugleichen – doch genau dies ging diesmal schief. Damit erhält die PVV unerwartet Rückenwind für eine der zentralen Forderungen aus ihrem Asylprogramm. Noch ist aber unklar, ob das gesamte Gesetzespaket in der abschließenden Abstimmung am Donnerstag Bestand haben wird.
Hintergrund der Abstimmungspanne
Die entscheidende Abstimmung betraf ein von der PVV eingebrachtes Änderungsanliegen innerhalb der sogenannten Asielnoodmaatregelenwet. Diese sieht unter anderem vor, dass illegaler Aufenthalt künftig mit bis zu sechs Monaten Gefängnis bestraft werden kann. Auch Organisationen oder Personen, die abgelehnte Asylsuchende unterstützen, könnten strafrechtlich belangt werden. Die Maßnahme ist seit Jahren ein zentrales Anliegen der politischen Rechten in den Niederlanden. Dass sie nun im Parlament durchging, liegt nicht an einem Meinungsumschwung, sondern an einer Reihe individueller Fehlentscheidungen bei der Opposition.
Fehlendes Pairing bei Gedenkfeier
Mehrere Oppositionspolitiker nahmen an der Gedenkveranstaltung zum Keti Koti am Dienstag in Amsterdam teil. Die Abgeordneten Raoul White und Christine Teunissen wollten ihre Abwesenheit wie üblich mit Abgeordneten anderer Fraktionen „pairen“, was teilweise misslang. Während NSC-Abgeordnete, ebenfalls auf dem Weg zur Gedenkfeier, rechtzeitig zur Abstimmung zurückkehrten, schafften es manche Oppositionsvertreter nicht mehr rechtzeitig ins Parlament. Die daraus resultierenden fehlenden Stimmen führten letztlich zur Annahme des PVV-Vorschlags.
Widerstand von CDA und NSC
Obwohl sich eine Mehrheit im Parlament nun vorläufig für die Strafbarkeit illegalen Aufenthalts aussprach, bedeutet das noch nicht das Inkrafttreten der Regelung. Das CDA stimmte gegen das Vorhaben, ebenso NSC. Beide Parteien spielten auch bei den übrigen Gesetzesvorhaben rund um das Asylpaket eine entscheidende Rolle. Das CDA etwa fordert, das sogenannte Zweistatusmodell – eine Unterscheidung zwischen politisch Verfolgten und Geflüchteten aus Kriegsgebieten – erst zeitgleich mit dem europäischen Migrationspakt im Juni 2026 in Kraft treten zu lassen. Der entsprechende Änderungsantrag scheiterte.
Zustimmung unter Vorbehalt
Ob die PVV das Gesamtpaket letztlich mitträgt, ist noch ungewiss. Die Partei hatte gefordert, dass keine Änderungen am Gesetz vorgenommen werden dürfen, um es nicht zu „verwässern“. Einige ihrer Änderungsanträge, darunter eine sofortige Abschaffung der sogenannten Spreidingswet, verfehlten die Mehrheit. Auch ein Antrag zur verpflichtenden Unterschrift einer Anti-Sharia-Erklärung durch Asylsuchende wurde abgelehnt. Ob die Partei unter diesen Umständen am Donnerstag zustimmt, ist offen.
Hoffen auf Korrektur am Donnerstag
Entscheidend wird der Donnerstag. Dann stimmt die Tweede Kamer über die Gesamtheit der beiden Gesetze ab. Nur wenn die Asielnoodmaatregelenwet angenommen wird, kann auch das strafrechtliche Verbot des illegalen Aufenthalts in Kraft treten. Gegner der Maßnahme setzen daher auf eine Rückkehr zu geregelten Abstimmungsverhältnissen. Sollte die linke Opposition ihre Stimmen diesmal korrekt koordinieren, könnte der PVV-Vorschlag im Gesamtpaket noch scheitern.
Bedeutung für den weiteren Gesetzesweg
Ein Ja in der Tweede Kamer garantiert jedoch nicht die Umsetzung. In der Eerste Kamer ist die Lage komplexer: Dort hat die bisherige Koalition aus PVV, VVD, NSC und BBB keine Mehrheit. Eine Unterstützung durch das CDA ist deshalb notwendig. Doch gerade diese Partei hat sich klar gegen die Strafbarkeit ausgesprochen. Hinzu kommt, dass die nun zuständigen Minister der Übergangsregierung – Mona Keijzer (BBB), David van Weel (VVD) und Eddy van Hijum (NSC) – vor einer Verzögerung der Reformen warnen, da dies zu vermehrter Migration aus Nachbarländern führen könnte.
Ausblick auf Asylpolitik
Unabhängig vom Ausgang der Abstimmungen zeigt sich: Der politische Ton in der niederländischen Asylpolitik wird rauer. Die Verschärfung der Regeln, das Zweistatusmodell sowie die mögliche Kriminalisierung von Hilfe für Geflüchtete markieren eine neue Phase der Migrationsdebatte. Wie tragfähig diese Linie ist, wird nicht nur am kommenden Donnerstag, sondern auch in der Eerste Kamer entschieden.
In eigener Sache

Bitte unterstütze uns
Unsere Aktivitäten und diese Webseite bieten wir kostenlos an. Wir tun dies gerne und freiwillig. Um unseren Service weiterhin anbieten zu können, schalten wir Werbung und nutzen Affiliate-Links. Deine Unterstützung, sei es durch Mitarbeit oder eine Spende in Höhe einer Tasse Kaffee über PayPal, ist uns sehr willkommen und hilft uns enorm.
Vielen Dank dafür!
Kommentare
Einen Kommentar schreiben