Nikotinsticks: 25-fache Überdosis möglich
| von Redaktion

BILTHOVEN · Gesundheitswarnung – Das niederländische Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu (RIVM) schlägt Alarm: Neue tabakfreie Nikotinsticks, die seit 2024 in den Niederlanden erhältlich sind, überschreiten die empfohlene Maximaldosis von Nikotin um das 18- bis 25-Fache. Die Sticks, die durch Erhitzen Nikotin freisetzen, bergen laut RIVM ein erhebliches Gesundheitsrisiko – unter anderem durch Herzrasen und Atemwegsreizungen. Die Produkte unterliegen bislang keiner EU-Tabakgesetzgebung, sodass nationale Regulierungen notwendig werden.
Die Einführung tabakfreier Nikotinsticks (Nicotinesticks) auf dem niederländischen Markt hat eine neue Debatte über Produktsicherheit und Regulierung ausgelöst. Die vom RIVM durchgeführte Untersuchung zeigt, dass Produkte wie „Levia“ von Philip Morris und „Veo“ von British American Tobacco zwar keinen Tabak enthalten, dafür aber in der Emission zwischen 0,7 und 1,0 Milligramm Nikotin freisetzen – und damit weit über den vom RIVM empfohlenen Maximalwerten liegen. Die vom Ministerie van Volksgezondheid, Welzijn en Sport (VWS) beauftragte Studie ergab, dass diese Werte 18 Mal (bezogen auf Konzentration) bis 25 Mal (bezogen auf Gesamtmenge) höher sind als die gesundheitlich unbedenklichen Grenzwerte.
Hintergrund: Neue Produkte, alte Risiken
Die Produkte ähneln äußerlich kleinen Zigaretten, enthalten aber keine klassischen Tabakbestandteile. Stattdessen basieren sie auf Cellulose oder Teeblättern, die mit Nikotin und Aromen versetzt sind. Durch Erhitzen mit einem speziellen Gerät werden die Inhaltsstoffe freigesetzt und eingeatmet. Nach dem Geschmackstoffverbot für E-Zigaretten im Jahr 2023 haben Hersteller gezielt auf diese neue Produktkategorie gesetzt - mit dem Effekt, dass sie bisherigen Tabak- und Aromaregeln entgehen.
Messergebnisse: Emissionen weit über Grenzwerten
Das RIVM untersuchte vier Stick-Varianten zweier Hersteller. Bei allen wurden Nikotinmengen zwischen 0,67 und 0,98 mg pro Stick in der Emission festgestellt – deutlich über der Empfehlung von 0,028 mg Gesamtmenge bzw. 0,07 mg/L Konzentration. Besonders problematisch: Die Nikotinwerte der getesteten Sticks sind konstant hoch und variieren kaum - was auf standardisierte Überdosierung hinweist.
Gesundheitliche Gefahren: Von Herzrasen bis Atemwegsreizung
Laut RIVM sind die festgestellten Emissionswerte mit systemischer und lokaler Toxizität verbunden. Das heißt konkret: Eine erhöhte Herzfrequenz und Reizungen der Atemwege können bereits bei einmaligem Gebrauch auftreten. Die Produkte seien zudem eindeutig suchterzeugend. Das bestätigt auch die Tabakforscherin Reinskje Talhout im Gespräch mit NOS.
Gesetzeslage: Noch keine europäische Regulierung
Da Nicotinesticks keinen Tabak enthalten, fallen sie nicht unter die europäische Tabakproduktrichtlinie. Damit existieren derzeit weder Mengenbeschränkungen für Nikotin noch Vorschriften zu Aromen. Eine Gesetzeslücke, die nun auch politisch diskutiert wird. Die Eerste Kamer hat kürzlich eine Gesetzesänderung beschlossen, die tabakfreie Nikotinprodukte künftig unter das niederländische Tabakgesetz stellt. Geplant ist eine ministerielle Regelung, die unter anderem Grenzwerte für Nikotin festlegen soll.
Nationale Maßnahmen statt EU-Vorgaben?
Experten wie Esther Croes vom Trimbos-instituut fordern ein generelles Verbot neuer nikotinhaltiger Inhalationsprodukte. Ihrer Meinung nach nutzen Hersteller gezielt die Gesetzeslücken, wie es zuvor bereits bei „Snus“-ähnlichen Produkten der Fall war. Angesichts fehlender europäischer Einigkeit beim Thema Tabakkontrolle könne die Niederlande eine Vorreiterrolle einnehmen, ähnlich wie bei der Aromenregulierung von E-Zigaretten.
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