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Niederlande fordern Deeskalation im Nahen Osten

| von Redaktion

Eine Rakete mit der Aufschrift „Peace“ – doch ob Israels Angriffe auf Gaza und Iran dem Frieden dienen, bleibt zweifelhaft. | Künstlich erstellt mit DALL·E

DEN HAAG · Die niederländische Regierung zeigt sich besorgt über die Eskalation zwischen Israel und Iran und ruft zur Zurückhaltung auf. Nachdem Israel gezielt nukleare und militärische Einrichtungen im Iran angegriffen hat und Teheran mit Drohnenattacken reagierte, warnt das demissionäre Kabinett unter Premier Dick Schoof vor einer regionalen Ausweitung des Konflikts. Auch innerhalb der Tweede Kamer wächst der Druck auf eine klarere Haltung gegenüber Israel – ein Stimmungswechsel, der mit dem Wegfall der pro-israelischen PVV aus der Regierung deutlicher zum Tragen kommt.

Nach den massiven israelischen Luftangriffen auf iranisches Territorium in der Nacht von Donnerstag auf Freitag, bei denen laut Angaben unter anderem mehrere iranische Generäle und Nuklearwissenschaftler getötet wurden, hat das niederländische Kabinett eine deutliche Stellungnahme abgegeben. Premierminister Dick Schoof erklärte auf der Plattform X, die Angriffe seien „alarmierend“ und forderte alle Seiten auf, sich jeglicher weiterer Eskalation zu enthalten. Außenminister Veldkamp ergänzte, dass die Angriffe Israels zwar vor dem Hintergrund der Bedrohung durch Irans Nuklearprogramm stattfanden, aber dennoch bedauerlich seien. Er plädierte erneut für eine diplomatische Lösung zur Sicherung nachhaltiger Stabilität in der Region, wie NOS berichtete.

Niederlande verurteilen Gewalt, betonen aber auch Irans Verantwortung

Das demissionäre Kabinett zeigt sich geschlossen in seiner Kritik an der Eskalation. Verteidigungsminister Brekelmans (VVD) äußerte gegenüber De Telegraaf, dass Israel „nicht militärisch hätte eingreifen sollen auf diese Weise“, trotz der realen Bedrohung durch die iranischen Nuklearambitionen. Die Sorge, dass der Iran künftig über einsatzfähige Atomwaffen verfügt, sei berechtigt, doch müsse man auf diplomatische Mittel setzen. Minister Veldkamp unterstrich zudem, dass die internationale Gemeinschaft diese Sorgen teile, zugleich aber das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und Einhaltung des Völkerrechts betont werden müsse.

Zunehmende Kritik in der Tweede Kamer – PVV nicht mehr im Kabinett

Besonders bemerkenswert ist der veränderte Ton innerhalb des niederländischen Parlaments. Nach dem Sturz der Regierung ist die stark pro-israelische PVV von Geert Wilders nicht mehr Teil des Kabinetts. Zwar verteidigte Wilders die Angriffe als „notwendige Maßnahme gegen den Terrorstaat Iran“, doch andere Parteien reagieren zunehmend kritisch. Rob Jetten (D66) warnte, dass „großangelegte Angriffe von Israel und Iran nichts als Verlierer zurücklassen“, und forderte eine aktive Rolle der internationalen Diplomatie. Auch GL-PvdA-Chef Timmermans rief dazu auf, alle diplomatischen Mittel zur Vermeidung weiteren Blutvergießens zu nutzen.

Diskussion um mögliche Sanktionen gegen israelische Minister

Infolge der Eskalation steht nun auch die niederländische Haltung zu israelischen Regierungsvertretern auf dem Prüfstand. Premier Schoof schließt nicht aus, dass sich die Niederlande in der EU für Sanktionen gegen die beiden ultrarechten israelischen Minister Ben-Gvir und Smotrich einsetzen könnten. Diese werden von mehreren westlichen Staaten für ihre Rolle bei Gewaltaufrufen auf der Westbank verantwortlich gemacht. Laut dem Reformatorisch Dagblad sagte Schoof in der Tweede Kamer: „Ich halte die Option offen.“ Außenminister Veldkamp äußerte sich zurückhaltender und verwies auf eine bevorstehende Entscheidung im Europäischen Rat.

Haltung zu Gaza: Kritik an Israel wächst

Auch die humanitäre Lage in Gaza bleibt ein Thema in Den Haag. Bereits im Mai hatte das niederländische Außenministerium die Öffnung des Gazastreifens für humanitäre Hilfe durch Israel als „unzureichend“ kritisiert. Minister Veldkamp forderte ein sofortiges Waffenstillstandsabkommen und die Freilassung aller Geiseln. Bei einem Treffen mit Israels Präsident Herzog äußerte Premier Schoof seine Besorgnis über die humanitäre Lage, wie die NOS im Mai berichtete.

Öffentlicher Druck durch Großdemonstrationen

Der Druck auf das Kabinett steigt auch durch die Bevölkerung. Die „Rote-Linie-Demonstration“ in Den Haag mit rund 100.000 Teilnehmenden – die größte seit zwei Jahrzehnten – forderte ein klareres Vorgehen gegenüber Israel. Amnesty International und andere Organisationen werfen der israelischen Regierung kollektive Bestrafung der palästinensischen Bevölkerung vor. Außenminister Veldkamp zeigte Verständnis für die Demonstrierenden, betonte jedoch die bereits unternommenen diplomatischen Initiativen.

Kurs zwischen Diplomatie und wachsender Kritik

Die Niederlande navigieren weiterhin zwischen diplomatischer Tradition und wachsender öffentlicher sowie parlamentarischer Kritik an Israel. Während sich das Kabinett weiterhin für eine friedliche Lösung einsetzt, könnten kommende Entscheidungen über Sanktionen gegen einzelne israelische Regierungsmitglieder ein neues Kapitel in der niederländisch-israelischen Beziehung aufschlagen. Der Ton wird schärfer – besonders da Israel zuletzt auch Warnungen und Forderungen seiner westlichen Partner ignorierte.

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