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Kabinett gestürzt: Wilders macht Ernst

| letzte Änderung 03.06.2025 13:20 | von Redaktion

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DEN HAAG · Politische Krise in den Niederlanden: Das Kabinett ist am Montagabend nach monatelang schwelenden Spannungen über das Asylthema geplatzt. Nach einem kurzen Krisentreffen mit den Spitzen von VVD, NSC und BBB und einer Nacht Bedenkzeit zieht PVV-Chef Geert Wilders die Reißleine. Sein angekündigtes Ultimatum – mindestens sechs seiner zehn Forderungen umzusetzen – blieb unerfüllt. Die anderen Koalitionspartner pochten zwar auf Umsetzung vorhandener Maßnahmen, verweigerten jedoch eine Nachverhandlung des Koalitionsvertrags. Damit endet die erst vor einem Jahr geschmiedete rechtsgerichtete Koalition abrupt.

Die Spannungen innerhalb der niederländischen Regierungskoalition haben sich in den letzten Tagen dramatisch zugespitzt. Geert Wilders, Vorsitzender der rechtspopulistischen PVV, hatte ein Zehn-Punkte-Papier zur Asylpolitik vorgelegt, das unter anderem Grenzschließungen, strengere Abschieberegeln und einen sofortigen Stopp der Familienzusammenführung vorsah. Diese Maßnahmen gehen weit über das im Koalitionsvertrag beschlossene Vorhaben eines „strengsten Asylkurses aller Zeiten“ hinaus. VVD, NSC und BBB zeigten sich zwar gesprächsbereit, lehnten jedoch jede Änderung des bereits vereinbarten Kurses ab.

Wilders bestand am Wochenende darauf, dass der Großteil seiner Forderungen übernommen werden müsse, sonst werde die PVV die Koalition verlassen. Am Montagabend kam es schließlich zum Showdown: VVD-Chefin Dilan Yesilgöz, NSC-Fraktionsvorsitzende Nicolien van Vroonhoven und BBB-Chefin Caroline van der Plas trafen Wilders in dessen Fraktionsbüro – ohne Minister oder Berater. Nach nur einer Stunde verließen sie das Treffen mit klarer Botschaft: „Liefer konkrete Pläne oder übergib sie an Ministerin Faber – aber kein Chaos mehr“, so Yesilgöz laut AD.

Die PVV hingegen stellte klar, dass sie sich nicht mit halbherzigen Zugeständnissen zufriedengeben wolle. Laut De Telegraaf pochte Wilders darauf, dass seine Forderungen als Anhang in das Koalitionsabkommen aufgenommen werden. Als klar wurde, dass die Partner dazu nicht bereit waren, zog er die Konsequenzen – das Kabinett ist gescheitert.

Der Bruch bedeutet das Ende eines Regierungsprojekts, das erst vor rund einem Jahr begann. In den kommenden Tagen wird sich zeigen, ob es zu Neuwahlen kommt oder ob eine neue Koalitionsbildung versucht wird. Der politische Schaden ist immens – und das zentrale Streitthema, die Asylpolitik, bleibt weiter ungelöst.

Wie kann es weitergehen? Die möglichen Szenarien im Überblick:

Nach dem Rückzug der PVV aus der Koalition steht das Kabinett-Schoof vor dem Aus. Auch wenn die Entscheidung von Geert Wilders de facto das Ende der aktuellen Regierung bedeutet, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Während einige Koalitionsparteien einen Neustart ins Spiel bringen, drängen große Teile der Opposition auf rasche Neuwahlen. In der derzeitigen Lage stehen verschiedene Szenarien zur Debatte – doch kaum eines verspricht Stabilität.

1. Minderheitsregierung (Rompkabinet) von VVD, NSC und BBB

  • Die drei verbliebenen Koalitionsparteien könnten versuchen, ohne die PVV als Minderheitsregierung weiterzumachen.

  • Laut NSC-Fraktionsvorsitzender Van Vroonhoven sei dies zwar schwierig, aber eine Möglichkeit, bei jeder Abstimmung neue Mehrheiten zu suchen.

  • Vorteil: Kontinuität und keine Neuwahlen.

  • Nachteil: Politisch instabil und aufwendige Kompromisssuche bei jeder Gesetzesvorlage.

2. Unterstützung durch kleinere Oppositionsparteien

  • Einige Parteien wie ChristenUnie oder SGP zeigen sich offen, konstruktiv mitzuarbeiten.

  • Voraussetzung wäre eine themenbezogene Zusammenarbeit ohne feste Koalition.

  • Das würde jedoch keine klare politische Richtung garantieren.

3. Neue Koalitionsverhandlungen mit anderen Parteien

  • Auf dem Papier könnten VVD, NSC und BBB nach Ersatz für die PVV suchen, um eine neue Mehrheit zu bilden.

  • Realistisch ist das kaum, denn dafür müssten rechts- und linksgerichtete Parteien zusammenarbeiten.

  • GroenLinks-PvdA schließt das aus – laut Frans Timmermans, Fractievoorzitter GroenLinks-PvdA, sei nur ein rascher Urnengang sinnvoll.

4. Neuwahlen im Herbst 2025

  • Dies ist derzeit das wahrscheinlichste Szenario.

  • Die Vorbereitungen durch die Kiesraad brauchen Zeit, insbesondere vor der Sommerpause.

  • Ein Wahltermin im Oktober liegt nahe – wie bereits nach dem Bruch des Rutte-Kabinetts 2023.

5. Demissionäres Kabinett

  • Bis zu Neuwahlen bleibt das Kabinett geschäftsführend im Amt („demissionair“).

  • Es führt nur noch laufende Geschäfte, größere Entscheidungen bedürfen der Zustimmung der Kammer.

  • Die PVV-Minister, darunter Asylministerin Faber, sind bereits zurückgetreten. Ihre Aufgaben werden vorübergehend durch andere Minister übernommen.

6. Gesetzgebung unter Vorbehalt

  • Gesetze, wie Fabers Asylpläne, könnten noch behandelt werden – jedoch durch andere Vertreter.

  • Politisch umstrittene Vorhaben gelten in dieser Phase oft als „kontrovers“ und werden zurückgestellt.

7. Rolle des Königs

  • Der niederländische König hat keine aktive Rolle im Tagesgeschäft.

  • Er nimmt jedoch das Rücktrittsgesuch des Premierministers entgegen – ein rein formeller Akt.

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