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Hilfe für Illegale bald strafbar?

| von Redaktion

Illegalität kann strafbar werden. | Foto: Holland.guide

DEN HAAG · Inmitten hitziger Debatten über das Asylrecht hat die Tweede Kamer mit knapper Mehrheit zwei verschärfte Asylgesetze verabschiedet, die künftig auch die Strafbarkeit von Illegalität vorsehen. Besonders umstritten ist dabei, dass auch die Hilfe für Menschen ohne Aufenthaltsstatus, etwa durch Kirchen oder soziale Organisationen, strafbar werden könnte. Nach massiver Kritik wurde die Umsetzung jedoch vorerst ausgesetzt. Zunächst wird der Raad van State das Vorhaben juristisch prüfen. Erst danach entscheidet das Parlament über die endgültige Inkraftsetzung der umstrittenen Regelung.

Nach einem chaotischen Abstimmungsverlauf hat die Tweede Kamer am späten Donnerstagabend zwei Gesetze für ein strengeres Asylrecht gebilligt. Beide Vorhaben stammen aus der Amtszeit der früheren PVV-Ministerin Marjolein Faber und gelten als Teil des schärfsten Asylpakets, das die Niederlande je verabschiedet haben. Kernpunkt ist ein neues Zwei-Status-Modell, das Flüchtlinge in Gruppen mit unterschiedlichen Rechten einteilt. Zusätzlich wurde die Asielnoodmaatregelenwet angenommen, die unter anderem nur noch befristete Aufenthaltsgenehmigungen vorsieht und den Familiennachzug einschränkt. Für erheblichen Streit sorgte eine kurzfristig von der PVV eingebrachte Verschärfung, die Illegalität zur Straftat erklärt und damit auch humanitäre Hilfeleistungen erfasst. Nach massiven Protesten sicherten Minister Van Weel und das Kabinett zu, die Regelung vorerst nicht in Kraft zu setzen. Stattdessen wird der Raad van State prüfen, ob das Gesetz verfassungskonform ist. Trotz dieser Aussetzung bleibt der politische Kurs klar: Der Asylkurs der Niederlande wird erheblich verschärft, während humanitäre Organisationen und Gemeinden erhebliche rechtliche Unsicherheiten fürchten.

Streit um Hilfe für Illegale

Die aktuelle Asielnoodmaatregelenwet hätte nicht nur illegale Aufenthalte strafbar gemacht, sondern auch gezielt gegen Personen oder Organisationen vorgehen können, die diesen Menschen Hilfe leisten. Damit wären etwa Kirchen oder das Leger des Heils, die Unterkunft oder Nahrung anbieten, theoretisch von Strafverfolgung bedroht. Dies löste heftige Kritik von NSC, SGP und CDA aus. NSC und SGP bestanden darauf, dass humanitäre Hilfe nicht kriminalisiert werden dürfe. Minister Van Weel versicherte schließlich, dass das Gesetz vorerst nicht angewendet werde. Erst nach Prüfung durch den Raad van State soll entschieden werden, ob diese Passage tatsächlich umgesetzt wird.

Kurzfristige Wendungen und politische Notlösungen

Die Abstimmungen waren geprägt von kurzfristigen Positionswechseln. NSC und SGP waren zunächst gegen die Strafbarkeit von Illegalität. Erst eine späte Zusage des Ministers, die Regelung zu „pausieren“, brachte sie zur Zustimmung. Diese Zusicherung wurde in einem offiziellen Schreiben festgehalten, das wenige Minuten vor der finalen Abstimmung übermittelt wurde. Trotzdem bleibt die Unsicherheit bestehen, denn der Minister betonte, dass der Raad van State lediglich eine beratende Funktion habe.

Sorgen vor rechtlichen Problemen

Neben der inhaltlichen Kritik an der Gesetzesverschärfung äußerten zahlreiche Organisationen und Kommunen Bedenken hinsichtlich der rechtlichen Umsetzbarkeit. Die Vereniging van Nederlandse Gemeenten warnte vor juristischen Fallstricken. Kritiker befürchten zudem Symbolpolitik auf Kosten der Zivilgesellschaft. In der Eerste Kamer steht die Entscheidung noch aus. Dort fehlen den Befürwortern bisher mehrere Stimmen zur Mehrheit.

Kritik auch an Verfahren und Stil

Mehrere Medien berichteten über das chaotische Vorgehen im Parlament. De Volkskrant beschreibt den Ablauf als „chaotisch“ und weist darauf hin, dass während der Abstimmung über die Strafbarkeit von Illegalität das sogenannte „Pairen“ nicht funktionierte. Wegen unvollständiger Teilnahme bei der Abstimmung über den PVV-Vorstoß zur Strafbarkeit der Illegalität entstand ein unerwartetes Abstimmungsergebnis.  Auch die übrigen Abstimmungen waren laut de Volkskrant von Verwirrung und Hektik geprägt.

Ungewisse Zukunft in der Eerste Kamer

Ob die Gesetze im Herbst die Zustimmung der Eerste Kamer erhalten, bleibt offen. Aktuell fehlen den Unterstützern noch mindestens drei Stimmen zur Mehrheit. Besonders das CDA gilt als Zünglein an der Waage. Aufgrund der anhaltenden Unsicherheit über die Strafbarkeit von Hilfsleistungen lehnt das CDA die Gesetze derzeit ab.

Schärfste Asylgesetze der Niederlande?

Die beiden Gesetze gelten als Teil eines rigorosen Kurswechsels. Neben der Kriminalisierung von Illegalität sollen Asylbewerber künftig in Kategorien eingeteilt werden, wodurch bestimmte Gruppen weniger Rechte erhalten. Ziel ist es laut Regierung, den Zuzug über den Familiennachzug zu begrenzen und das Asylverfahren zu beschleunigen.

Ein gefährlicher Präzedenzfall

Der Streit zeigt, wie leicht humanitäre Grundprinzipien in politischen Verhandlungen in den Hintergrund geraten können. Auch wenn die Strafbarkeit der Hilfeleistung vorerst ausgesetzt ist, bleibt die Gefahr bestehen, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt doch in Kraft tritt. Beobachter wie NRC sehen in den Vorgängen ein Sinnbild für das Zeit­alter der politischen Improvisation in Den Haag und nennen es tijdperk-Schoof.

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