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Gift für Mama – in Blütenform

| von Redaktion

Bedankt voor de bloemen. | Foto: Holland.guide

ASSEN · Ein bedenklicher Fund pünktlich zum Muttertag: Wie ein aktueller Bericht des Pesticide Action Network (PAN-NL) belegt, enthalten viele in niederländischen Supermärkten, Blumenläden und Onlineshops verkaufte Blumensträuße gefährliche Pestizidrückstände. Besonders alarmierend: Ein Drittel der nachgewiesenen Wirkstoffe ist in der EU verboten. In einem Strauß aus einem Supermarkt wurden gar neun verbotene Substanzen nachgewiesen – ein toxisches Geschenk, das nicht nur für Beschenkte ein Risiko darstellt, sondern auch für Umwelt, Floristen und die Produzenten in Afrika und Südamerika. Trotz des romantischen Images der Blumenbranche zeigen sich massive Lücken in der gesetzlichen Kontrolle.

Ein harmlos erscheinender Blumenstrauß kann ein Cocktail aus Giftstoffen sein – das zeigt die aktuelle Untersuchung des PAN-NL, in der 13 handelsübliche Blumensträuße auf Pestizide getestet wurden. Alle enthielten Rückstände, insgesamt wurden 71 verschiedene Wirkstoffe nachgewiesen, davon 24 Substanzen, die in der EU verboten sind. Besonders betroffen waren gemischte Sträuße von Supermärkten, Onlinehändlern wie Topbloemen sowie lokalen Floristen. Die Sträuße wiesen teils bis zu 22 Pestizid-Rückstände auf. Das höchste Gesamtgehalt wurde in einem Strauß aus Assen gemessen: 7,46 mg/kg. In einem Strauß roter Rosen wurden sogar neun verbotene Pestizide identifiziert – mit dem Rekordwert von 16,4 mg/kg.

Floristen, die die Sträuße arrangieren, sind den Substanzen direkt ausgesetzt, ohne ausreichenden Schutz. Laut PAN-NL besteht akute Gesundheitsgefahr: In einer französischen Studie wurde der Tod eines elfjährigen Mädchens auf die Pestizidbelastung ihrer Mutter zurückgeführt, die als Floristin arbeitete. Besonders perfide ist dabei der sogenannte Boomerang-Effekt: Zahlreiche in Europa verbotene Pestizide werden von Chemiekonzernen weiterhin produziert und in Länder wie Kenia oder Kolumbien exportiert – von wo aus die behandelten Blumen anschließend zurück nach Europa gelangen. Einem Blumenstrauß sieht man seine Gefährlichkeit nicht an.

Der unsichtbare Feind im Blumenstrauß

Die Resultate der Analyse sind erschreckend: In 7 gemischten Sträußen wurden im Durchschnitt 17,7 Pestizide gefunden. Je nach Anbieter reichte die Zahl der Wirkstoffe von 12 bis 22. Die Hersteller werben teils mit vermeintlich „grünen“ Siegeln wie „Green Florist“ – doch selbst Sträuße mit diesem Label enthielten bis zu sieben verbotene Wirkstoffe, darunter das hochtoxische Insektizid Imidacloprid. Dieses ist wegen seiner Gefährlichkeit für Bienen und mögliche Auswirkungen auf das menschliche Nervensystem in der EU verboten.

Topbloemen etwa wirbt auf seiner Website damit, dass ihre Produkte „nachhaltig und nachvollziehbar“ seien. Doch laut dem Bericht wurden gerade in einem solchen „Green Florist“-Strauß sieben in der EU verbotene Pestizide festgestellt, darunter auch das neurotoxische Indoxacarb und das hormonell wirksame Spirodiclofen. Ein floraler Etikettenschwindel.

Keine Regeln, keine Grenzen

Der florale Giftskandal zeigt ein massives Regulierungsvakuum: Während für Lebensmittel strenge Rückstandshöchstwerte gelten, fehlen solche Grenzwerte für Zierpflanzen völlig. Die niederländische Lebensmittelsicherheitsbehörde (NVWA) kontrolliert lediglich auf pflanzliche Schädlinge – nicht aber auf Pestizide. Auch ein MPS-Zertifikat schützt nicht vor giftigen Inhalten. PAN-NL stellt klar: Solche Zertifikate beruhen auf Selbstdeklarationen und regional geltenden Gesetzen – selbst wenn diese weit unter europäischen Standards liegen.

Die Folge: Blumen, die unter fragwürdigen Bedingungen in Ländern mit laxer Gesetzgebung produziert wurden, gelangen praktisch unkontrolliert in niederländische Wohnzimmer. Der Weg führt über Blumenbörsen in Aalsmeer, von dort in den Einzelhandel. Verbraucher haben keine Chance zu erkennen, wie stark belastet ihre Muttertags-Rosen sind – die Verkäufer tragen keine Kennzeichnungspflicht.

Der Preis für schöne Blüten

Die Produktion der Rosen und Lilien erfolgt oft in Ländern wie Äthiopien oder Kolumbien. Dort fehlen häufig Schutzmaßnahmen für Arbeiterinnen und Arbeiter. Viele Beschäftigte leiden unter Atemwegserkrankungen, Hautproblemen oder chronischer Erschöpfung – Folge der täglichen Exposition gegenüber hochgefährlichen Pestiziden. In Regionen wie dem Naivasha-See in Kenia ist die ökologische Katastrophe sichtbar: Fischbestände sterben, das Wasser ist verschmutzt, die Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung schwinden.

In Europa hingegen landen die belasteten Blumen nach kurzer Zierzeit im Biomüll. Doch selbst das ist problematisch, warnt PAN-NL: Die nicht abbaubaren Rückstände gelangen so in den Kompost – und letztlich wieder in die Umwelt.

Forderung nach Nulltoleranz

PAN-NL fordert eine konsequente Gesetzgebung: Eine Nulltoleranz für EU-verbotene Pestizide in Blumen, wie sie für Lebensmittel bereits gilt. Auch die Produktion und der Export dieser Gifte aus Europa müsse untersagt werden. Verbraucherinnen und Verbraucher werden aufgerufen, auf biologisch angebaute, saisonale Blumen oder alternative Geschenke umzusteigen – und sich aktiv beim Händler nach der Herkunft und dem Anbau der Blumen zu erkundigen.

Denn ein Strauß voller Gift ist kein Ausdruck von Liebe – sondern ein Symptom eines Systems, das Ethik und Gesundheit dem äußeren Schein unterordnet.

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