Feuchttücher-Verbot: Niederlande drängen auf EU-Regelung
| von Redaktion

DEN HAAG · Die niederländische Regierung setzt sich für ein europaweites Verbot von feuchten Reinigungstüchern ein, die Kunststoff enthalten. Diese Tücher verstopfen Abwassersysteme, belasten die Umwelt mit Mikroplastik und verursachen jährliche Kosten von bis zu 55 Millionen Euro. Staatssekretär Chris Jansen (Infrastruktur und Wasserwirtschaft, PVV) hat dem Parlament mitgeteilt, dass er sich in Brüssel für eine Änderung der EU-Richtlinie zu Einwegplastik (SUP-Richtlinie) einsetzen wird. Neben der Regierung unterstützen auch die Vereinigung der niederländischen Wasserschutzbehörden und die Organisation Stichting RIONED ein Verbot. Kritiker befürchten jedoch Widerstand aus der Industrie, da plastikfreie Alternativen derzeit teurer sind.
Feuchttücher sind aus dem modernen Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie werden für die Körperpflege von Babys, zur Reinigung von Händen und Flächen sowie als Hygieneprodukt in Toiletten genutzt. Ihr Komfort hat jedoch gravierende Nebenwirkungen: Die enthaltenen Kunststofffasern zersetzen sich nicht im Wasser, was zu massiven Problemen in Abwassersystemen und der Umwelt führt. Laut einer Studie von Stichting RIONED fallen in den Niederlanden jährlich Kosten zwischen 22 und 26 Millionen Euro an, um die durch Feuchttücher verursachten Rohrverstopfungen zu beseitigen. Im Jahr 2007 ging Stichting RIONED selbst von 55 Millioenen Euro aus.
Umwelt- und Infrastrukturprobleme durch Feuchttücher
Die zunehmende Nutzung von Feuchttüchern sorgt für erhebliche Probleme in der Wasserwirtschaft. Wie das niederländische Ministerie van Infrastructuur en Waterstaat berichtet, werden die Tücher oft unsachgemäß in Toiletten entsorgt, anstatt im Restmüll. Das führt dazu, dass die nicht abbaubaren Kunststofffasern Klumpen bilden, sogenannte "Schafe", die Abwasserpumpen verstopfen. Neben den Kosten für die Instandhaltung des Abwassersystems entstehen auch Umweltprobleme: Viele Feuchttücher gelangen durch unsachgemäße Entsorgung in die Natur. Besonders an Stränden und in Städten finden sich oft Reste dieser Tücher, die dort nicht verrotten.
Auch Mikroplastik ist eine Folge der Nutzung solcher Produkte. Bei der Zersetzung von Kunststofftüchern werden winzige Partikel freigesetzt, die sich in Wasseraufbereitungsanlagen nicht vollständig herausfiltern lassen. Dadurch gelangen sie in Flüsse und Meere, wo sie die Umwelt und die Nahrungskette belasten. Die niederländische Regierung hat daher in der Vergangenheit bereits Aufklärungskampagnen gestartet, um Verbraucher über die korrekte Entsorgung aufzuklären.
Politische Debatte und Vorstöße in der EU
Staatssekretär Jansen hat dem niederländischen Parlament in einem Schreiben mitgeteilt, dass das Kabinett ein Verbot von kunststoffhaltigen Feuchttüchern auf europäischer Ebene anstrebt. Dieses soll im Rahmen der Überarbeitung der EU-Richtlinie zu Einwegplastik (SUP-Richtlinie) erfolgen. Bereits im Dezember 2024 hatte die niederländische Regierung signalisiert, dass sie strengere Maßnahmen anstrebt, um den negativen Folgen der Kunststoffnutzung entgegenzuwirken.
Wie das Algemeen Dagblad (AD) berichtet, fordern auch verschiedene Umweltorganisationen und Behörden ein Verbot. Besonders die niederländische Organisation Stichting RIONED, die sich mit urbanem Wassermanagement befasst, hatte sich in einer Petition für eine Verschärfung der Vorschriften starkgemacht. Die Organisation verwies auf die anhaltend hohen Kosten und die fehlende Entspannung der Problematik, obwohl bereits Herstellerverpflichtungen zur Mitfinanzierung der Entsorgungskosten bestehen.
Die niederländische Regierung will sich in Brüssel dafür einsetzen, dass die SUP-Richtlinie geändert wird, um ein Verbot zu ermöglichen. Eine EU-weite Regelung hätte den Vorteil, dass Produzenten nicht länderweise unterschiedliche Vorschriften einhalten müssten.
Widerstand der Industrie und wirtschaftliche Folgen
Ein Verbot würde besonders die Hersteller von Feuchttüchern betreffen, die bislang auf Kunststoff setzen. Laut AD könnte es hier zu starkem Widerstand aus der Industrie kommen. Während einige Hersteller bereits auf plastikfreie Alternativen umgestellt haben, argumentieren andere, dass diese Produkte derzeit noch deutlich teurer seien und ein Verbot sie wirtschaftlich benachteiligen würde.
Für Verbraucher wären die Folgen ebenfalls spürbar: Plastikfreie Feuchttücher sind teurer in der Herstellung und könnten daher zu höheren Preisen führen. Dennoch gibt es laut Staatssekretär Jansen genug Marktteilnehmer, die den Übergang auf umweltfreundlichere Alternativen unterstützen. Ein EU-weites Verbot würde zudem dazu beitragen, dass umweltfreundliche Varianten durch Skaleneffekte günstiger werden.
Die Debatte um Feuchttücher zeigt die Herausforderungen der modernen Kunststoffnutzung. Einerseits sind die Produkte praktisch und beliebt, andererseits verursachen sie enorme Umweltprobleme und Kosten. Die niederländische Regierung sieht ein Verbot als sinnvoll an, um die Belastung für das Abwassersystem und die Umwelt zu reduzieren. Ob und wann es auf EU-Ebene zu einer Änderung der Richtlinie kommt, hängt jedoch von den Verhandlungen in Brüssel ab.
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