Explosive Gefahr: Drogenküchen mitten im Wohnviertel
| von Redaktion

ROTTERDAM · Illegale Drogenproduktion dringt tief in die Wohnviertel der Niederlande vor. Laut dem Nationaal Overzicht Drugslocaties 2024 wurden im vergangenen Jahr 167 Drogenlabore entdeckt – mehr als jemals zuvor. Über 58 Prozent davon befanden sich in Wohngebieten, viele in ganz normalen Apartments. Die Polizei warnt: Die Aktivitäten der Drogennetzwerke sind nicht nur kriminell, sondern hochgefährlich – für ganze Nachbarschaften. Besonders tragisch: Bei einer Explosion im Rotterdamer Stadtteil Schammenkamp Anfang 2024 starben drei Menschen, vermutlich infolge eines versteckten Drogenlabors.
Die niederländische Polizei verzeichnet 2024 einen besorgniserregenden Rekord: 167 Produktionsstätten für synthetische Drogen, Heroin oder Kokain wurden im ganzen Land entdeckt – ein Anstieg von über zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Noch alarmierender: Mehr als die Hälfte dieser Labore – exakt 98 – befanden sich in Wohngegenden. Wohnungen, Garagen oder sogar ganze Häuser wurden inmitten belebter Nachbarschaften zu gefährlichen Drogenküchen umfunktioniert. Damit ist die Drogenkriminalität buchstäblich in das private Umfeld der Bürger eingezogen. Die Gefahr ist nicht abstrakt – sie ist potenziell tödlich, wie die Explosion in Rotterdam gezeigt hat. Besonders betroffen sind die Provinzen Zuid-Holland, Noord-Brabant und Noord-Holland, in denen sich ein Großteil der entdeckten Labore konzentriert. Die Polizei sieht eine „gewissenlose Professionalisierung“ der Täter, die zunehmend mobile, kleine und unscheinbare Labore in Wohnhäusern installieren. Gleichzeitig beobachtet man eine Zunahme bei der Produktion von MDMA, das auf 47 Fundorte kommt – eine Steigerung um fast 50 Prozent. Ebenso im Fokus steht die zunehmende Verarbeitung von Procaïn, einem gefährlichen Streckmittel für Kokain, dessen Bearbeitung mit hochentzündlichen Lösungsmitteln erfolgt. Allein 20 solcher Produktionsorte wurden entdeckt. Die Mischung aus chemischen Substanzen, fehlendem Brandschutz und illegalen Transportwegen bringt ein explosives Gefahrenpotenzial – mitten in der Nachbarschaft.
Wohnhäuser werden zu Gefahrenzonen
Die Mehrheit der entdeckten Drogenlabore befindet sich mittlerweile nicht mehr in abgelegenen Industriegebieten oder ländlichen Scheunen, sondern in bewohnten Vierteln – oft in gewöhnlichen Mietwohnungen oder Einfamilienhäusern. Diese Entwicklung stellt nicht nur die Polizei vor neue Herausforderungen, sondern gefährdet auch unmittelbar das Leben der Nachbarschaft. Die Gefahr durch Explosionen, Brände und giftige Dämpfe ist real und hat bereits Todesopfer gefordert. Die Polizei verweist dabei auf die Explosion in einem Wohnhaus in Rotterdam, bei der drei Menschen ums Leben kamen – mutmaßlich durch ein dort betriebenes Drogenlabor. Ein solches Risiko entsteht durch die unsachgemäße Lagerung und Verarbeitung hochentzündlicher Chemikalien sowie durch den improvisierten und geheimen Betrieb der Anlagen.
Nationale Übersicht: Hotspots der Drogenproduktion
Die detaillierte Analyse des Nationaal Overzicht Drugslocaties 2024 zeigt eine geografische Konzentration der Problematik. Allein in Zuid-Holland wurden 51 Produktionsstätten entdeckt, gefolgt von Noord-Brabant (38) und Noord-Holland (19). Diese Regionen weisen nicht nur eine hohe Bevölkerungsdichte auf, sondern sind auch logistisch günstig gelegen – mit guter Infrastruktur und Nähe zu Häfen und Grenzen. Besonders auffällig ist die Entwicklung in Rotterdam: Während dort 2020 nur sieben Produktionsstätten entdeckt wurden, waren es 2024 bereits 43.
Neue Trends: Poly-Drogen und gefährliche Streckmittel
Neben der traditionellen Herstellung von MDMA, Methamphetamin oder Amfetamin sind zunehmend sogenannte Kombinationslabore im Fokus. In 24 Fällen wurden 2024 Produktionsorte entdeckt, an denen mehr als eine Drogensorte gleichzeitig hergestellt wurde – vor allem die Kombination von MDMA mit Methamphetamin. Besonders besorgniserregend ist der Trend zur Produktion von Procaïn, einem Lokalanästhetikum, das in der Kokainverarbeitung eingesetzt wird, um die Gewinnspanne zu erhöhen. In 20 Fällen wurde diese gefährliche Praxis nachgewiesen. Der Umgang mit den dafür nötigen Lösungsmitteln birgt erhebliche Brand- und Explosionsgefahr – und das oft in direkter Nachbarschaft zu Kindergärten, Schulen oder Altenheimen.
Chemische Abfälle werden skrupellos entsorgt
Die illegale Drogenproduktion erzeugt erhebliche Mengen an hochgiftigem Abfall. Im Jahr 2024 wurden 217 Fälle von illegaler Entsorgung dokumentiert – so viele wie seit 2018 nicht mehr. Die Polizei fand Kanister und Fässer in Wäldern, auf Feldern, an Straßenrändern und sogar in unterirdischen Müllcontainern in Amsterdam. In Baarle-Nassau mischten Täter die Chemikalien mit Gülle und verteilten sie auf landwirtschaftlichen Flächen. Solche Methoden zeigen, wie wenig Rücksicht die Täter auf Umwelt und Gesundheit nehmen.
Polizei ruft Bürger zur Wachsamkeit auf
Angesichts der steigenden Gefahr setzt die Polizei verstärkt auf Hinweise aus der Bevölkerung. Über die anonyme Meldestelle Meld Misdaad Anoniem gingen 2024 über 12.000 Hinweise ein – ein Anstieg von vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bürger sollen laut Polizei auf verdächtige Gerüche, abgeklebte Fenster, ungewöhnlichen Lieferverkehr oder luxuriösen Lebensstil in ihrer Nachbarschaft achten. Jeder Hinweis kann zur Entdeckung eines Labors oder zur Verhinderung einer Katastrophe führen.
Wer Hinweise auf Drogenkriminalität hat – etwa verdächtige Gerüche, abgeklebte Fenster oder ungewöhnlichen Lieferverkehr –, sollte dies der Polizei melden. Möglich ist dies telefonisch unter 0900-8844 oder anonym über Meld Misdaad Anoniem unter 0800-7000. Alle Hinweise werden vertraulich behandelt und nicht auf den Absender zurückgeführt. Weitere Informationen zu typischen Warnsignalen gibt es auf der Website houdmisdaaduitjebuurt.nl.
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