Eijk vor dem Aufstieg? Konklave startet
| von Redaktion

UTRECHT · Das Konklave zur Wahl des neuen Papstes beginnt heute in der Sixtinischen Kapelle – begleitet von weltweitem Interesse und strenger Geheimhaltung. Seit dem Tod von Papst Franziskus vor wenigen Wochen beraten 133 wahlberechtigte Kardinäle hinter verschlossenen Türen über dessen Nachfolge. In einem der größten Konklave der Kirchengeschichte ist auch der niederländische Kardinal Wim Eijk stimmberechtigt – und wird in konservativen Kreisen als potenzieller Nachfolger gehandelt. Die erste Rauchzeichen aus dem Vatikan werden für heute Abend erwartet.
In der römischen Sixtinischen Kapelle beginnt heute das wohl bedeutendste Ereignis im katholischen Kirchenjahr: das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes. 133 Kardinäle unter 80 Jahren wurden zur Teilnahme zugelassen, darunter auch der niederländische Kardinal Wim Eijk, Erzbischof von Utrecht. Eijk, der seit 2007 an der Spitze der niederländischen Kirche steht, ist nicht nur wegen seiner theologischen Klarheit und konservativen Haltung bekannt, sondern auch wegen seiner offenen Kritik an manchen Kurskorrekturen unter Papst Franziskus. Während sich das Teilnehmerfeld als ausgesprochen international präsentiert – mit wachsendem Einfluss aus Asien und Afrika – bleibt Eijk eine der wenigen europäischen Persönlichkeiten, denen ernsthafte Chancen zugesprochen werden. In der medialen Berichterstattung, etwa in den USA, wurde zuletzt betont, dass die moderate Reaktion der niederländischen Bischöfe auf jüngste vatikanische Entwicklungen seine Position gestärkt habe. Besonders konservative Kreise schätzen Eijks konsequente Verteidigung kirchlicher Lehren über Ehe, Familie und Sexualität. Ob dies genügt, um im Konklave die erforderliche Zweidrittelmehrheit von 89 Stimmen zu erreichen, bleibt ungewiss. Das Konklave ist streng abgeschirmt: Die Kardinäle haben ihre Mobiltelefone abgegeben, das Telekommunikationsnetz im Vatikan ist abgeschaltet. Heute Morgen zelebrierte der 91-jährige Kardinal Giovanni Battista Re eine feierliche Messe zur geistlichen Einstimmung auf die Wahl – eine Tradition, bei der zentrale Erwartungen an den neuen Papst formuliert wurden. Am Nachmittag folgt die erste Abstimmung. Weißer Rauch würde noch heute Abend einen neuen Papst verkünden. Schwarz hingegen bedeutet: weitere Wahlgänge folgen.
Hoffnungsträger Eijk - eine konservative Stimme aus den Niederlanden
Wim Eijk, 1953 in Duivendrecht geboren, blickt auf eine außergewöhnliche Laufbahn zurück: studierter Arzt, promovierter Bioethiker, Philosophie- und Theologieprofessor – und seit 2012 Kardinal. Als Erzbischof von Utrecht ist er seit über 15 Jahren eine der einflussreichsten kirchlichen Persönlichkeiten der Niederlande. Bekannt wurde Eijk nicht nur durch seine intellektuelle Strenge, sondern auch durch seine unverrückbare Haltung in moraltheologischen Fragen. So lehnt er – entgegen progressiveren Strömungen innerhalb der Kirche – die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ab und vertritt strikt die katholische Lehre zur Ehe zwischen Mann und Frau. In einer Phase, in der viele Kardinäle Papst Franziskus' reformorientierten Kurs betonen, stellt Eijk ein klares Gegenbild dar. Diese Positionierung könnte ihm in einem gespaltenen Kardinalskollegium zum Vorteil gereichen – oder ihn zum Außenseiter machen.
Das Konklave: Papstwahl zwischen Geheimhaltung, Ritual und Weltereignis
Die Wahl eines neuen Papstes gehört zu den bedeutendsten und traditionsreichsten Vorgängen der römisch-katholischen Kirche. Im sogenannten Konklave versammeln sich alle Kardinäle unter 80 Jahren, um in der Abgeschiedenheit der Sixtinischen Kapelle über das zukünftige Oberhaupt der Kirche zu entscheiden. Formal sind es derzeit 135 wahlberechtigte Kardinäle aus 65 Ländern – eine noch nie dagewesene Internationalität. Tatsächlich werden 133 an der Wahl teilnehmen: Der emeritierte brasilianische Kardinal João Braz de Aviz und der vietnamesische Kardinal Pierre Nguyễn Văn Nhơn haben ihre Teilnahme krankheitsbedingt abgesagt.
Seit dem heutigen Tag sind die Kardinäle im vatikanischen Gästehaus Casa Santa Marta untergebracht und von der Außenwelt isoliert. Alle Kommunikationsmittel, Zeitungen und Kontakte nach draußen sind untersagt. Die Fenster der Zimmer sind versiegelt, Privatsphäre gibt es kaum – alles geschieht in völliger Diskretion. Nach einer Messe im Petersdom ziehen die Kardinäle feierlich in die Sixtinische Kapelle ein, wo sie nacheinander den Eid der Verschwiegenheit ablegen. Danach folgt das Kommando „Extra omnes“ („alle hinaus!“), woraufhin alle Nichtwahlberechtigten den Raum verlassen müssen. Das Konklave beginnt.
Die Wahl selbst erfolgt in bis zu vier Abstimmungen pro Tag, jeweils zwei am Vormittag und zwei am Nachmittag. Jeder Kardinal schreibt den Namen seines Favoriten auf einen Stimmzettel, den er feierlich in eine Urne legt. Ein Kandidat benötigt dabei eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen, diesmal also 89 Stimmen. Nach jeder Wahl werden die Stimmzettel verbrannt – und zwar mit speziellen chemischen Zusatzstoffen, die schwarzen oder weißen Rauch erzeugen. Dieser Rauch steigt aus einem kleinen Schornstein der Sixtinischen Kapelle auf und ist für die Gläubigen weltweit das einzige sichtbare Zeichen: Schwarzer Rauch bedeutet, dass noch kein Papst gewählt wurde – weißer Rauch kündigt die erfolgreiche Wahl eines neuen Kirchenoberhaupts an. Diese jahrhundertealte Symbolik sorgt immer wieder für große Spannung auf dem Petersplatz und in den Medien weltweit und ist sind für Millionen Gläubige weltweit das einzige sichtbare Signal aus dem verschlossenen Konklave.
Nach erfolgter Wahl wird der neue Papst gefragt, ob er das Amt annimmt, und er bestimmt seinen neuen Namen. In einem Nebenraum, der „Raum der Tränen“ genannt wird, zieht er sich die päpstlichen Gewänder an – ein Moment, der oft von großer Emotionalität geprägt ist. Anschließend tritt er erstmals auf den Balkon des Petersdoms und spricht den Segen „Urbi et Orbi“ – „der Stadt und dem Erdkreis“.
Das Konklave bleibt damit eines der letzten großen Rituale der katholischen Kirche, das sich kaum verändert hat: geheimnisvoll, feierlich und weltbewegend.
Die Chancen eines Europäers im globalisierten Kollegium
Mit der Ernennung von über 100 der aktuellen Kardinäle hat Papst Franziskus das Kollegium bewusst internationaler geprägt. Starke Gruppen aus Afrika, Asien und Lateinamerika setzen neue Akzente – auch in der Papstwahl. Dennoch: Der Wunsch nach einem verbindlichen, moralisch klaren Kurs ist in vielen Teilen der Weltkirche präsent. Hier könnte Eijk punkten, gerade als Gegenpol zu einer als zu liberal empfundenen Entwicklung. Seine konsequente Haltung in bioethischen Fragen, etwa zur Euthanasie oder künstlichen Befruchtung, findet insbesondere in Ländern mit traditionellen katholischen Strukturen Anklang. Andererseits steht seine kompromisslose Linie etwa zur Homosexualität auch in der Kritik – selbst im eigenen Heimatland.
Niederländische Kirchenpolitik mit Konfliktpotenzial
Eijks Amtszeit war nicht frei von innerkirchlichen Auseinandersetzungen. Die Schließung zahlreicher Kirchen und seine Haltung gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen sorgten in den Niederlanden für Proteste. Mehr als 90 Theologen und Geistliche unterschrieben Petitionen gegen seine Entscheidungen. Auch das Verhältnis zu liberaleren Bischöfen wie Gerard de Korte blieb angespannt. Trotz oder gerade wegen dieser Spannungen gilt Eijk in konservativen Kreisen als standhaft und führungsstark – zwei Eigenschaften, die im Konklave gezielt gesucht sein könnten. Ob dies genügt, um zum obersten Hirten der katholischen Weltkirche gewählt zu werden, wird sich in den kommenden Tagen entscheiden.
Die katholische Kirche in den Niederlanden – Struktur, Bedeutung und Kirchensteuer
Die katholische Kirche ist trotz starker Mitgliederverluste weiterhin das zahlenmäßig größte religiöse Bekenntnis in den Niederlanden. Im Jahr 2023 bekannten sich laut Kaski noch rund 3,5 Millionen Menschen (18,8 % der Bevölkerung) zur römisch-katholischen Kirche. Die „Nederlandse rooms-katholieke kerkprovincie“ besteht aus sieben Bistümern, darunter das Aartsbisdom Utrecht als Erzbistum und sechs Suffraganbistümer. Darüber hinaus existiert ein eigenständiges Militärordinariat. Die Kirche hat eine lange und wechselvolle Geschichte, die von der Missionierung in der Spätantike über die Reformation, Unterdrückung und den Wiederaufbau im 19. Jahrhundert bis hin zum Rückgang seit den 1970er Jahren reicht. Heute ist sie besonders im Süden des Landes – etwa in Limburg und Noord-Brabant – noch stark verwurzelt.
Der Rückgang an Kirchenmitgliedern und Gottesdienstbesuchern ist drastisch. Während 1970 noch über 40 % der Bevölkerung katholisch war, liegt dieser Anteil inzwischen unter 20 %. Der Anteil aktiver Kirchenbesucher ist dabei nochmals deutlich geringer: weniger als 0,5 % der Niederländer besuchen regelmäßig katholische Gottesdienste. Der Trend zur Säkularisierung ist damit in den Niederlanden weiter fortgeschritten als in vielen anderen europäischen Ländern.
Im Unterschied zu Deutschland erhebt die katholische Kirche in den Niederlanden keine Kirchensteuer über das Finanzamt. Das bedeutet, dass katholische Gläubige freiwillig für ihre Kirche spenden, typischerweise in Form von Kollekten oder Mitgliedsbeiträgen an die eigene Pfarrei. Diese Struktur bringt finanzielle Herausforderungen mit sich, da die Einnahmen im Vergleich zum deutschen Kirchensteuermodell wesentlich geringer sind. In Deutschland hingegen sind römisch-katholische (und evangelische) Christen automatisch kirchensteuerpflichtig, wenn sie Mitglied sind – die Steuer wird vom Staat eingezogen und beträgt je nach Bundesland 8–9 % der Lohn- oder Einkommensteuer. In den Niederlanden fehlt dieser Automatismus, was insbesondere in Zeiten schwindender Mitgliederzahlen zu einem zusätzlichen Rückgang finanzieller Ressourcen führt.
Trotz ihrer schwindenden gesellschaftlichen Präsenz spielt die katholische Kirche in den Niederlanden weiterhin eine Rolle bei kulturellen und sozialen Ereignissen – etwa in Form katholischer Schulen, karitativer Einrichtungen und historischer Kirchengebäude, die oft Teil des nationalen Kulturerbes sind. Auch die Verbindungen zu katholischen Migrantengemeinden (z. B. aus Polen oder den Philippinen) beleben einzelne Gemeinden. Doch langfristig kämpft die Kirche mit sinkendem Einfluss, weniger Berufungen und dem Erhalt ihrer Infrastruktur – ein Kampf, der ohne verpflichtende Kirchensteuer wie in Deutschland noch schwerer zu gewinnen ist.
Wer wird Papst?
Der Erzbischof von Bologna Matteo Zuppi vereint viele Kriterien: Er ist moderat reformorientiert, gut vernetzt, hat internationale Erfahrung (z. B. als Gesandter im Ukrainekrieg) und gilt als Brückenbauer zwischen den Lagern. Er ist mit 69 Jahren im idealen Alter, spricht mehrere Sprachen, kennt die römische Kurie und hat das Vertrauen vieler Kardinäle, die von Papst Franziskus ernannt wurden.
Wenn also kein „Kompromisskandidat“ aus dem Hut gezaubert wird, ist Zuppi die wahrscheinlichste Wahl, und nicht Eijk.
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