Information

einfach auf den Punkt gebracht

Ehemaliger ASML-Mitarbeiter unter Spionageverdacht

| letzte Änderung 06.02.2025 22:12 | von Redaktion

Russische Botschaft in Den Haag | Foto: HOLLAND.guide

DEN HAAG · Ein 43-jähriger russischer Ingenieur, der zuvor bei den niederländischen Unternehmen ASML und NXP tätig war, steht im Verdacht, über Jahre hinweg sensible Unternehmensinformationen gestohlen und an den russischen Auslandsgeheimdienst SVR weitergeleitet zu haben. Laut der niederländischen Nachrichtenagentur NOS wurde der Mann bereits vor einigen Monaten festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Die niederländische Sicherheitsbehörde und Geheimdienst AIVD bestätigte den Kontakt des Verdächtigen zum SVR. Die gestohlenen Daten sollen unter anderem technische Anleitungen zur Herstellung von Computerchips umfassen. Ziel war es offenbar, in Russland eine eigene Chipproduktion aufzubauen. Der Ingenieur bestreitet die Vorwürfe.

Die niederländische Staatsanwaltschaft legte bei einer pro-forma Anhörung in Rotterdam neue Erkenntnisse vor. Demnach soll der Beschuldigte technische Informationen über die Herstellung von Computerchips in speziellen Ordnern gespeichert und unter dem Benutzernamen "Focus" über Google Drive mit einer Person in Russland geteilt haben. Diese Person, mutmaßlich Mitarbeiter des russischen "Innovative Engineering Center", steht im Verdacht, Projekte zur Beschaffung ausländischer Technologien zu finanzieren. Zudem soll der Verdächtige mehrfach kurzzeitig nach Moskau gereist sein, möglicherweise um Informationen persönlich zu übergeben. Im Gegenzug habe er angeblich mehrere zehntausend Euro erhalten.

Hintergrund des Falls

Bereits im Dezember 2024 berichtete das niederländische Nachrichtenmagazin Nieuwsuur über die Festnahme des russischen Ingenieurs. Er soll über Jahre hinweg bei seinen Tätigkeiten für ASML und NXP sensible Unternehmensgeheimnisse entwendet und an russische Kontaktpersonen weitergeleitet haben. Die gestohlenen Dokumente umfassten dabei nicht nur technische Anleitungen, sondern auch andere digitale Unterlagen, die für den Aufbau einer eigenen Chipfertigung in Russland von Bedeutung sein könnten. Die niederländische Sicherheitsbehörde AIVD bestätigte in einem Bericht an die Staatsanwaltschaft den Kontakt des Verdächtigen zum russischen Auslandsgeheimdienst SVR, der sich unter anderem mit der Beschaffung von Informationen über Wissenschaft und Technologie beschäftigt.

Reaktionen der betroffenen Unternehmen

ASML und NXP, die beide als führende Unternehmen in der Halbleiterindustrie gelten, äußerten sich zu den Vorfällen. ASML bestätigte, über das laufende Verfahren gegen den ehemaligen Mitarbeiter informiert zu sein, und gab an, selbst Anzeige erstattet zu haben. Beide Unternehmen betonten jedoch, dass sie nicht glauben, dass die gestohlenen Informationen ihren Geschäften ernsthaften Schaden zugefügt haben.

Maßnahmen der niederländischen Behörden

Angesichts der Schwere der Vorwürfe verhängte die niederländische Regierung ein 20-jähriges Einreiseverbot gegen den Verdächtigen. Solche Maßnahmen werden in der Regel nur ergriffen, wenn eine Person als Gefahr für die nationale Sicherheit eingestuft wird. Zudem wurde der Ingenieur wegen des Verdachts auf Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen und Verstoßes gegen Sanktionen angeklagt. Die Ermittlungen dauern an, und der Verdächtige bleibt bis mindestens zum 4. April 2025 in Haft.

Einordnung des Vorfalls

Dieser Fall wirft ein Schlaglicht auf die anhaltenden Bemühungen russischer Geheimdienste, westliche Technologien und wissenschaftliche Erkenntnisse zu erlangen. Bereits in der Vergangenheit wurden in den Niederlanden russische Diplomaten des Landes verwiesen, die für den SVR tätig waren und versuchten, sensible Informationen aus der Hightech-Branche zu beschaffen. Die niederländische Sicherheitsbehörde AIVD warnt seit Jahren vor solchen Spionageaktivitäten und betont die Bedeutung von Wachsamkeit und Schutzmaßnahmen in technologieintensiven Unternehmen.

Internationale Reaktionen und Auswirkungen

Der Vorfall hat international für Aufsehen gesorgt und die Diskussion über Wirtschaftsspionage und den Schutz sensibler Technologien neu entfacht. Insbesondere in Zeiten geopolitischer Spannungen und technologischer Konkurrenz rückt der Schutz geistigen Eigentums und sensibler Daten in den Vordergrund. Unternehmen weltweit sind angehalten, ihre Sicherheitsvorkehrungen zu überprüfen und mögliche Schwachstellen zu identifizieren, um sich gegen derartige Bedrohungen zu wappnen.

Der Fall des ehemaligen ASML-Mitarbeiters verdeutlicht die anhaltende Gefahr durch Wirtschaftsspionage und die Notwendigkeit für Unternehmen, kontinuierlich in Sicherheitsmaßnahmen zu investieren. Die enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Sicherheitsbehörden ist dabei unerlässlich, um potenzielle Bedrohungen frühzeitig zu erkennen und abzuwehren. Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Erkenntnisse die laufenden Ermittlungen zutage fördern und welche Konsequenzen sich daraus für die betroffenen Parteien ergeben.

Spionage in der Hightech-Branche – Ein wiederkehrendes Problem

Die niederländische Hightech-Industrie zählt zu den weltweit führenden Sektoren für Wissenschaft und Technologie. Das macht sie nicht nur wirtschaftlich attraktiv, sondern auch zu einem bevorzugten Ziel für Spionageaktivitäten. Bereits im Jahr 2020 deckte der niederländische Geheimdienst AIVD ein weitreichendes Spionagenetzwerk auf, das von russischen Geheimdienstoffizieren aufgebaut worden war. Diese als Diplomaten akkreditierten Agenten hatten sich gezielt Zugang zu sensiblen Informationen verschafft und Quellen innerhalb der niederländischen Technologiebranche rekrutiert. In einigen Fällen erhielten diese Informanten sogar Zahlungen für ihre Zusammenarbeit. Die betroffenen Offiziere wurden als persona non grata erklärt und des Landes verwiesen.

Die niederländische Regierung erkannte damals die wachsende Bedrohung durch Industriespionage und leitete ein Gesetzgebungsverfahren ein, um Spionage explizit unter Strafe zu stellen. Bislang existierten rechtliche Möglichkeiten zur Ahndung von Verstößen gegen Geheimhaltungspflichten, doch die Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten war nicht eigenständig strafbar. Der aktuelle Fall um den ehemaligen ASML-Ingenieur zeigt, dass die Bedrohung durch russische Spionageoperationen weiterhin akut ist. Die niederländische Sicherheitsbehörde AIVD betont die Notwendigkeit, Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Regierungsbehörden für solche Risiken zu sensibilisieren und präventive Maßnahmen zu ergreifen, um den Abfluss sensibler Informationen zu verhindern.

In eigener Sache

Bitte unterstütze uns

Unsere Aktivitäten und diese Webseite bieten wir kostenlos an. Wir tun dies gerne und freiwillig. Um unseren Service weiterhin anbieten zu können, schalten wir Werbung und nutzen Affiliate-Links. Deine Unterstützung, sei es durch Mitarbeit oder eine Spende in Höhe einer Tasse Kaffee über PayPal, ist uns sehr willkommen und hilft uns enorm.

Vielen Dank dafür!


Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Was ist die Summe aus 3 und 7?

Weitere Nachrichten