Duterte vor dem Internationalen Strafgerichtshof: Prozess beginnt
| von Redaktion

DEN HAAG · Der ehemalige philippinische Präsident Rodrigo Duterte wurde an den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag überstellt. Er landete am Mittwoch um 16:55 Uhr auf dem Flughafen Rotterdam The Hague Airport, nachdem er am Vortag in Manila festgenommen worden war. Das ICC wirft ihm Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Duterte soll als ehemaliger Präsident und zuvor als Bürgermeister von Davao City für systematische Tötungen von mutmaßlichen Drogenhändlern und -konsumenten verantwortlich sein. Tausende Menschen kamen durch seine sogenannte "Drogenpolitik" ums Leben. Nun erwartet ihn ein Verfahren in Den Haag, das weitreichende Folgen für ihn und die internationale Strafjustiz haben könnte.
Der 79-jährige Duterte wurde am Dienstagmorgen auf dem internationalen Flughafen von Manila festgenommen und wenige Stunden später in ein Flugzeug Richtung Europa gesetzt. Die Maschine legte einen Zwischenstopp in Dubai ein, wo der ehemalige Staatschef medizinisch untersucht wurde. Trotz einer leichten Verzögerung durch die medizinische Kontrolle traf er planmäßig in den Niederlanden ein. Vor dem Gefängnis in Scheveningen, wo er in einer speziellen UN-Sicherheitszelle untergebracht wird, versammelten sich Anhänger Dutertes mit Transparenten und philippinischen Fahnen, um ihre Unterstützung auszudrücken, schreibt NOS.
Dutertes Rolle in der umstrittenen Drogenpolitik
Die Anschuldigungen gegen Duterte beziehen sich auf eine Zeitspanne von fast einem Jahrzehnt, von 2011 bis 2019. In diesem Zeitraum sollen mindestens 43 Morde direkt mit seiner Politik in Verbindung stehen. Die Verbrechen ereigneten sich sowohl während seiner Amtszeit als Präsident der Philippinen von 2016 bis 2022 als auch in den Jahren davor, als er Bürgermeister von Davao City war. Laut dem ICC gibt es "hinreichende Gründe" zu der Annahme, dass Duterte als "indirekter Mittäter" für die Tötung von Zivilisten verantwortlich ist. Die Anklage gegen ihn stützt sich auf gezielt ausgewählte Fälle, um eine effektive Beweisführung zu ermöglichen.
Duterte selbst verteidigte seine umstrittene Drogenpolitik stets mit der Notwendigkeit, "sein Land vor der Bedrohung durch Drogen" zu schützen. Er betonte mehrfach, dass er den Kampf gegen den Drogenhandel als nationale Priorität betrachtet habe. Kritiker werfen ihm vor, mit brutalen Mitteln eine Politik durchgesetzt zu haben, die rechtsstaatliche Prinzipien außer Acht ließ und Tausende unschuldiger Menschen das Leben kostete.
Die Haftbedingungen und internationale Reaktionen
Duterte wird in der Penitentiaire Inrichting Haaglanden in Scheveningen festgehalten. Diese spezielle Einrichtung untersteht der Kontrolle der Vereinten Nationen und erfüllt höchste Standards hinsichtlich der Rechte von Häftlingen. Dort gibt es etwa Sportmöglichkeiten, Bildungsangebote sowie Mahlzeiten, die religiöse und diätetische Bedürfnisse berücksichtigen. Anders als in vielen Gefängnissen werden Insassen dort nur minimal gefesselt.
Die Überstellung Dutertes an den ICC sorgt international für große Aufmerksamkeit. Menschenrechtsorganisationen begrüßen den Schritt als historischen Moment im Kampf gegen Straflosigkeit bei staatlich sanktionierter Gewalt. "Dies ist ein klares Signal, dass niemand über dem Gesetz steht", so eine Sprecherin von Human Rights Watch. Gleichzeitig gibt es in den Philippinen auch lautstarke Stimmen, die Duterte weiterhin unterstützen. In Manila versammelten sich Anhänger und forderten seine Freilassung.
Die Bedeutung des Falls für den Internationalen Strafgerichtshof
Die juristische Aufarbeitung der Duterte-Politik könnte weitreichende Konsequenzen haben. Der Internationale Strafgerichtshof hat sich in der Vergangenheit vor allem mit Fällen aus Afrika befasst. Die Verhandlung eines ehemaligen Staatschefs aus Asien ist daher ein Novum. Sollte Duterte schuldig gesprochen werden, könnte dies ein Präzedenzfall für künftige Fälle sein, in denen Staatsoberhäupter für Menschenrechtsverbrechen zur Verantwortung gezogen werden.
Der Prozessverlauf bleibt abzuwarten. Offiziell gibt es noch keinen Termin für Dutertes erste Anhörung vor Gericht. Doch Experten rechnen mit einem langwierigen Verfahren, das Jahre dauern könnte. Duterte selbst scheint sich dessen bewusst zu sein. Kurz vor seinem Abflug aus Manila veröffentlichte er eine Videobotschaft, in der er sagte: "Der Prozess wird lange dauern, aber ich werde mein Land weiterhin dienen. Wenn dies mein Schicksal ist, dann akzeptiere ich es." Ob er seine Linie der Unnachgiebigkeit beibehalten oder eine andere Verteidigungsstrategie wählen wird, bleibt abzuwarten.
Was kommt als Nächstes?
Nun steht Duterte eine ungewisse Zukunft bevor. Sein Anwaltsteam bereitet sich auf eine Verteidigung vor, während die Anklage umfangreiche Beweise gegen ihn präsentieren wird. Für die Opfer und Hinterbliebenen der sogenannten Drogenkriege auf den Philippinen ist seine Überstellung an den ICC ein lange ersehnter Moment. "Viele Mütter, deren Söhne und Männer getötet wurden, haben auf diesen Tag gewartet", so Rubilyn Litao, eine Sprecherin einer Menschenrechtsorganisation meldet NOS.
Der Internationale Strafgerichtshof steht mit dem Verfahren gegen Duterte vor einer Bewährungsprobe. Gelingt es, eine rechtsstaatliche und faire Verhandlung durchzuführen, könnte dies die Rolle des ICC als globales Organ der Strafjustiz weiter stärken.
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