Den Haag im Ausnahmezustand zum NATO-Gipfel
| von Redaktion

DEN HAAG · Enorme Sicherheitsvorkehrungen, eingeschränkter Verkehr und prominenter Besuch prägen die niederländische Hauptstadt: Am Dienstag beginnt in Den Haag erstmals in der Geschichte der NATO ein Gipfeltreffen mit den Spitzen von 32 Mitgliedsstaaten sowie Vertretern aus Partnerländern. Schon am Montag reisten Delegationen an, wurden Straßen gesperrt, Drohnen beschlagnahmt und Demonstrationen unterbunden. Während König Willem-Alexander und Premier Dick Schoof Gastgeber sind, trifft sich NATO-Generalsekretär Mark Rutte mit Staatschefs und Journalisten. Auch US-Präsident Donald Trump hat seine Teilnahme bestätigt.
Bereits am Montag haben sich Teile Den Haags sichtbar in eine Sicherheitszone verwandelt. Delegationen aus aller Welt sind über Schiphol angereist, die Verkehrsführung wurde massiv umgestellt. Die Polizei sperrte mehrere Schnellstraßen und Autobahnen, darunter Teile der A4, A44 und N44, um geschützte Korridore für hochrangige Gäste freizuhalten. Entlang dieser Routen wurden Kameras abgeschaltet, Brücken nicht bedient und zahlreiche Drohnen beschlagnahmt. In mehreren Stadtteilen gilt bis einschließlich Mittwochabend eine erweiterte Notverordnung. Die Stadtverwaltung betont, dass Anwohner zwar ihre Häuser erreichen dürfen, sich jedoch ausweisen müssen. Der Veranstaltungsort World Forum liegt vollständig im abgeriegelten Bereich. Trotz der großangelegten Absperrungen blieb die Stimmung im Stadtzentrum am Montag ruhig.
Umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen in Den Haag
Mit der Ankunft internationaler Gäste am Montag trat die bis dato größte Sicherheitsoperation in der Geschichte der Niederlande in Kraft. Sie umfasst den Einsatz von über der Hälfte der verfügbaren Polizeikräfte. Zusätzlich zu Sperrzonen in Den Haag wurden Straßen bereits seit Tagen vorbereitet, unter anderem mit temporären Büros und Kontrollpunkten entlang der De Wittlaan. In unmittelbarer Nähe des World Forum gilt eine erweiterte Notverordnung bis Mittwochabend. Laut Stadtverwaltung Den Haag soll so der reibungslose Ablauf des Gipfels gewährleistet werden.
Trump kommt – und bringt eigene Sicherheitsprotokolle mit
Das Weiße Haus hat am Montagabend bestätigt, dass US-Präsident Donald Trump wie geplant am Dienstag zur NATO-Tagung anreist. Wie De Telegraaf meldete, wurde bereits am Wochenende das übliche Sicherheitsequipment inklusive „Marine One“-Helikoptern per C-17 Transportmaschinen nach Schiphol gebracht. Neben dem Dinner mit König Willem-Alexander am Dienstagabend steht auch eine formelle Sitzung der NATO-Staaten auf Trumps Agenda.
Proteste und Pressefreiheit unter Druck
Am Rande des Gipfels kam es zu Demonstrationen, unter anderem von Extinction Rebellion. Eine Gruppe versuchte laut NOS und AD, die A44 zu blockieren. Die Polizei griff ein, nahm über 25 Personen fest, darunter auch zwei Journalisten des Leidsch Dagblad. Diese wurden nur vorübergehend festgehalten, doch der Vorfall sorgte für scharfe Kritik durch die Journalistenvereinigung NVJ und das Portal PersVeilig. Auch andere Medien berichteten über Einschränkungen der Pressefreiheit im Rahmen der erweiterten Sicherheitszonen.
Politische Differenzen im Vorfeld
Inhaltlich dominiert die Debatte um neue NATO-Ausgabenrichtlinien die Vorbereitungen. Während NATO-Generalsekretär Mark Rutte die neue Norm von 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts als „historisch“ bezeichnete, fordern Länder wie Spanien und die Slowakei mehr Flexibilität. Laut NOS und De Telegraaf versucht Spanien, mit 2,1 Prozent der Ausgaben seine Verteidigungsziele zu erfüllen, was innerhalb der NATO kontrovers diskutiert wird. Rutte betonte, dass es keine Sonderregelungen gebe, sondern nur individuelle Wege zur Zielerreichung erlaubt seien.
Ukraine, Iran und geopolitische Spannungen
Die Ukraine bleibt ein zentrales Thema. Präsident Volodymyr Zelensky wird die niederländischen Parlamentskammern am Dienstag ansprechen. Zwar nimmt er nicht an der Plenarsitzung der NATO-Staaten teil, wird jedoch am Königsdinner anwesend sein. Rutte betonte erneut die andauernde Unterstützung der NATO für die Ukraine. Hinsichtlich des aktuellen Iran-Konflikts und amerikanischer Luftangriffe wich Rutte kritischen Fragen aus und verwies auf die Zuständigkeit der Einzelstaaten.
Logistische Herausforderungen für die Stadt
Für Anwohner und Besucher bedeutete der erste Gipfeltag zahlreiche Einschränkungen. Wie die Stadtverwaltung mitteilte, wurden Zeitungen in einigen Vierteln nicht mehr zugestellt, sondern an zentralen Punkten zur Abholung bereitgestellt. Fietspaden wurden gesperrt, der ÖPNV verlief mit Umleitungen. Bürgermeister Jan van Zanen zeigte sich dennoch zufrieden mit der Vorbereitung: „Man kann zur Arbeit, zum Strand und zum Einkaufen – alles bleibt möglich, nur eben unter anderen Bedingungen“, so van Zanen.
Verkehrschaos droht – massive Einschränkungen durch NATO-Korridore und Sicherheitszonen
Der NATO-Gipfel in Den Haag geht mit beispiellosen Einschränkungen für den Straßen-, Schienen- und Flugverkehr in der gesamten Randstad einher. Wie die Rijksoverheid, Rijkswaterstaat und die Provinzen Noord- und Zuid-Holland warnen, werden zwischen dem 22. und 27. Juni zentrale Verkehrsachsen wie die A4, A5, A44 und N44 vollständig oder teilweise gesperrt. Besonders betroffen sind die Korridore zwischen Schiphol und dem Tagungsort World Forum in Den Haag, die für den Konvoiverkehr der Staatsgäste reserviert sind. Hierzu zählen eigens abgesperrte Fahrspuren, Sperrungen von Auf- und Abfahrten, sowie die Abschaltung von Verkehrskameras aus Sicherheitsgründen. Laut Rijkswaterstaat könnte die normale Verkehrsbelastung in der Randstad um ein Vielfaches ansteigen, mit potenziell bis zu 450 Kilometern Stau. Um dem entgegenzuwirken, wurden landesweite Umleitungen ausgeschildert und über 1.000 Informationsschilder installiert.
Auch der öffentliche Nahverkehr ist erheblich betroffen: HTM-Buslinien 21, 22, 23, 24 und 28 sowie die Straßenbahnen 1, 10 und 17 fahren abweichende Routen oder bedienen bestimmte Haltestellen nicht. Die Johan de Wittlaan ist für die gesamte Dauer gesperrt. Trotz regulärer Fahrpläne bei der Bahn kann es zu Überfüllung und vereinzelten Ausfällen kommen. Zusätzlich sind zwei Start- und Landebahnen des Flughafens Schiphol nicht nutzbar, was zu einem Rückgang von etwa zehn Prozent der Flüge führt. Kleinfliegerei (auch Drohnen!) ist rund um Den Haag, Rotterdam und Lelystad komplett untersagt. Die Behörden empfehlen dringend, in dieser Woche auf Reisen mit dem Auto zu verzichten, auf das Fahrrad oder den ÖPNV auszuweichen und alle Strecken im Voraus über Dienste wie „vanAnaarBeter“ oder Navigations-Apps zu planen. Besonders Unternehmen, Pendler und Veranstalter sollen laut den offiziellen Stellen ihre Aktivitäten außerhalb der betroffenen Zonen reduzieren oder ins Homeoffice verlegen. Die Maßnahmen basieren auf einem umfassenden Mobilitätskonzept, das von Rijkswaterstaat im Auftrag der NCTV entwickelt wurde – ein Konzept, das in seiner Größe selbst die Sicherheitsvorkehrungen bei der NSS 2014 (Nuclear Security Summit) übertrifft.
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