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Bürger übernehmen Grenze – „lebensgefährlich“

| letzte Änderung 09.06.2025 08:54 | von Redaktion

Offizielle Grenzkontrolle der Marechaussee. | Foto: Holland.guide
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TER APEL · Bürger greifen zu drastischen Mitteln – trotz Warnungen von Politik und Polizei: Am Samstagabend kontrollierte eine Gruppe von rund zwölf Personen eigenmächtig Fahrzeuge an der deutsch-niederländischen Grenze bei Ter Apel. Aus Protest gegen die aus ihrer Sicht unzureichende Migrationspolitik wollten sie herausfinden, ob sich Asylsuchende in den Autos befanden. Die Aktion fand zunächst auf deutscher Seite statt, bis ein Einsatzfahrzeug der deutschen Polizei die Gruppe zum Rückzug aufforderte. Anschließend führten sie ihre „Kontrollen“ auf niederländischem Gebiet fort – in reflektierenden Westen und mit Warnlampen. Behörden und Justizminister Van Weel zeigen sich alarmiert und rufen eindringlich zum Stopp auf.

Die eigenmächtige Aktion einer Bürgergruppe an der Grenze zwischen dem deutschen Rütenbrock und dem niederländischen Ter Apel hat am Wochenende für großes Aufsehen gesorgt. Wie unter anderem NOS, Hart van Nederland, NU.nl und AD berichten, kontrollierten rund ein Dutzend Männer Fahrzeuge, die aus Deutschland einreisten. Ziel war es, mutmaßliche Asylsuchende ausfindig zu machen. Die Aktion begann auf der deutschen Seite der N366, wo die Gruppe sogar ein Fahrzeug der deutschen Polizei anhielt. Daraufhin forderten die deutschen Beamten die Männer auf, das Land zu verlassen. Zurück in den Niederlanden setzten sie ihre Kontrolle auf einem Parkplatz an der Grenze fort, ohne direkt auf der Straße aktiv zu sein. Die Polizei stellte keine strafbaren Handlungen fest, wies aber auf die Gefährlichkeit und Illegalität solcher Maßnahmen hin. Die Gemeinde Westerwolde, zu der Ter Apel gehört, kritisierte das Vorgehen scharf – ebenso wie Justiz- und Migrationsminister David van Weel. Dennoch kündigten die Aktivisten bereits weitere Aktionen an.

Eine Aktion mit politischem Zündstoff

Die selbsternannten Grenzkontrolleure zeigen laut AD deutlich, wie sehr sich manche Bürger durch die Migrationspolitik im Stich gelassen fühlen. Ihre Hauptkritik: Während Deutschland seine Grenzkontrollen zuletzt verschärft habe, geschehe in den Niederlanden zu wenig. Besonders Ter Apel steht seit Langem im Fokus, da das dortige Asylzentrum regelmäßig überfüllt ist. Die Bürgergruppe, offenbar initiiert von einem Mann aus Emmen, hatte über soziale Medien zur Aktion aufgerufen und plant laut Hart van Nederland bereits eine Wiederholung.

Klare Warnungen von Behörden

Trotz des auf den ersten Blick legal wirkenden Vorgehens – die Männer standen mit Warnwesten und Leuchtstäben auf einem Parkplatz – betonen Polizei und Gemeinde, dass es sich nicht um zulässige Maßnahmen handelt. Laut Polizeiangaben gegenüber NU.nl sei es Bürgern grundsätzlich verboten, Fahrzeuge anzuhalten oder deren Inhalt zu kontrollieren. Die Gemeinde Westerwolde nannte das Vorgehen „lebensgefährlich“ und „nicht die Lösung“. Bürgermeister Jaap Velema zog gegenüber dem AD einen Vergleich: Auch wenn rote Ampeln frustrieren, dürfe man deshalb nicht einfach bei Rot fahren.

Minister Van Weel: „Hört auf damit!“

Deutliche Worte kamen auch vom derzeitigen Justiz- und Migrationsminister David van Weel. Nachdem die PVV-Ministerin Faber zurückgetreten ist, übernimmt er die Verantwortung für den Bereich Migration kommissarisch. Wie er gegenüber NOS und der Nachrichtenagentur ANP erklärte, sei die Aktion zwar Ausdruck einer nachvollziehbaren Frustration, jedoch kein legitimes Mittel: „Ich rufe diese Gruppe wirklich auf, damit aufzuhören. Lassen Sie Polizei und Marechaussee ihre Arbeit machen und halten Sie sich an das Gesetz.“

Politische Reaktionen von Zustimmung bis Ablehnung

PVV-Parteichef Geert Wilders nutzte die Aktion für einen populistischen Aufschlag. Auf der Plattform X bezeichnete er die Grenzinitiative als „fantastisch“ und kündigte an, sich persönlich an künftigen Kontrollen beteiligen zu wollen. Andere Politiker reagierten mit Ablehnung. Ja21-Vorsitzender Joost Eerdmans nannte die Aktion „keine gute Entwicklung“ und verwies auf die Verantwortung des Staates. D66-Kamerlid Anne-Marijke Podt warnte vor wachsendem Unmut durch „große Versprechen und null Resultate“ von Parteien wie der PVV. Die demissionäre Koalitionspartei BBB äußerte sich zurückhaltend und betonte das Verständnis für die Frustration der Bürger, ohne die Aktion direkt zu verurteilen.

Rechtliche Grauzone und wiederholte Provokation

Nach niederländischem Recht ist eine sogenannte Bürgerverhaftung nur unter ganz bestimmten Umständen erlaubt – etwa bei einer auf frischer Tat beobachteten Straftat (§ 53 Strafprozessordnung). Das war hier jedoch nicht der Fall. Laut Polizei und Medien wie NU.nl gab es bisher keine Hinweise, dass sich die Aktivisten strafbar gemacht haben, auch wenn sie mit Uniformteilen und Lampen agierten, die der Polizei ähneln. Sollte jedoch erneut versucht werden, Fahrzeuge zu stoppen oder sich als Amtsperson auszugeben, könnten rechtliche Konsequenzen folgen. Die Gemeinde kündigte laut AD bereits an, bei einer Wiederholung der Aktion einschreiten zu wollen.

Andere Medien zum Thema

NU.nl auf Youtube: "Bürger führen bei Ter Apel eigenständig „Grenzkontrollen“ durch."

Updates

Montag, 09.06.2025 · 08:45 Uhr

Zweiter Protestabend ohne Kontrollen – Polizei schreitet mit Ausweiskontrolle ein

Am Abend des Pfingstsonntags, dem 8. Juni, versammelten sich erneut rund 50 Bürgerinnen und Bürger an der deutsch-niederländischen Grenze bei Ter Apel – diesmal allerdings ohne Fahrzeuge zu stoppen. Stattdessen rückte die Polizei mit einem Großaufgebot an. Laut RTV Noord und NOS kontrollierten niederländische Beamte auf Bitten ihrer deutschen Kollegen die Ausweise aller anwesenden Personen. Zwar hatten die Demonstrierenden – wie am Vorabend – wieder reflektierende Westen, Lampen und etwa zehn Fahrzeuge dabei, doch beschränkten sie sich auf Präsenz am Straßenrand. Die Lage blieb laut Polizei „ruhig“. Deutsche Beamte postierten sich ebenfalls sichtbar an der Rütenbrockerweg-Grenze, um mögliche Eskalationen zu verhindern. Medien wie das AD sprechen von einer „absurden Pattsituation“ zwischen schweigsamen Demonstranten und strengen Polizeiblicken – ein Stillleben des Protests auf dem Fahrradweg zwischen zwei Staaten. Organisator Jan Huzen hatte die Teilnehmer im Vorfeld ausdrücklich aufgefordert, diesmal keine Autos mehr anzuhalten. Er kündigte an, dass die Gruppe sich in den kommenden Tagen zurückziehen werde – ein „Symbolsignal“ sei aber gesetzt worden.

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