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Bargeldpflicht: Geldautomat in 5 km Nähe

| von Redaktion

Niederländischer Geldautomat | Foto: Holland.guide

DEN HAAG · Mit einem neuen Gesetzesentwurf stärkt die niederländische Regierung den Zugang zu Bargeld – für alle, überall. Künftig soll in den gesamten Niederlanden immer ein funktionierender Geldautomat innerhalb von fünf Kilometern erreichbar sein. Was bislang nur freiwillige Praxis war, wird nun verpflichtend. Ziel ist es, sicherzustellen, dass auch Menschen ohne digitale Bankkenntnisse weiterhin problemlos an Bargeld kommen – etwa bei Störungen oder in ländlichen Regionen. Das Gesetz verpflichtet große Banken, eine flächendeckende Infrastruktur zu garantieren, und regelt zugleich klare Bedingungen für Ein- und Auszahlungen. Auch kleinere Banken sind teils betroffen – nicht ohne Kritik.

Die Bedeutung von Bargeld in einer zunehmend digitalen Welt ist ungebrochen – vor allem als Rückfallebene. Gerade für Menschen, die nicht digital "bankieren", bei technischen Pannen oder in Notfällen ist Bargeld essenziell. Das sieht auch die niederländische Regierung so und will deshalb mit der „Wet chartaal betalingsverkeer“ (Gesetz über das Bargeld-Zahlungswesen) dafür sorgen, dass niemand weiter als fünf Kilometer vom nächsten funktionierenden Geldautomaten entfernt wohnt. Das Kabinett will nun aus bisherigen freiwilligen Vereinbarungen eine gesetzliche Verpflichtung machen.

Konkret bedeutet das: Große Banken wie ING, ABN AMRO und Rabobank sind künftig gesetzlich verpflichtet, gemeinsam – etwa über ihre gemeinsame Tochtergesellschaft Geldmaat – eine landesweit funktionierende Basisinfrastruktur von Geldautomaten bereitzustellen. Dies betrifft nicht nur das Abheben, sondern auch das Einzahlen von Banknoten. Die Kosten für Privatpersonen sind dabei gesetzlich auf null festgesetzt – Einzahlungen müssen kostenlos sein.

Besonders relevant wird das in dünn besiedelten Regionen, wo es bisher mitunter keine flächendeckende Versorgung gab. Das Gesetz lässt bewusst keine Ausnahmen für ländliche Gebiete zu – die Pflicht gilt landesweit. Dies soll verhindern, dass Bargeld in diesen Regionen zur Mangelware wird. Auch wenn inzwischen immer mehr Menschen digital bezahlen, ist die physische Verfügbarkeit von Bargeld ein öffentliches Gut, so Finanzminister Heinen laut NOS: „Bargeld gehört allen.“

Rechtliche Verpflichtung für Banken

Das neue Gesetz verpflichtet alle Banken mit über drei Millionen Kontoinhabern mit Wohnsitz in den Niederlanden, aktiv an der Bargeldversorgung mitzuwirken. Diese Institute müssen eine sogenannte „chartale Basisinfrastruktur“ bereitstellen, also Einrichtungen zum Ein- und Auszahlen von Bargeld, die für alle Kund*innen – auch anderer Banken – zugänglich sind. Die Zusammenarbeit zwischen diesen Banken ist dabei gesetzlich verankert, muss aber unter fairen, nichtdiskriminierenden Bedingungen erfolgen (§ 3:267k Wft).

Einzahlungsmöglichkeiten müssen zusätzlich auch von Banken mit mehr als 500.000 Kundinnen bereitgestellt werden (§ 3:267l). Für kleinere Banken gelten abgestufte Pflichten: Ab 50.000 Kundinnen besteht eine Verpflichtung, Bargeld-Auszahlungen zu ermöglichen – jedoch keine zur Einzahlung. Für alle weiteren Banken gibt es keine Pflicht.

Diese Staffelung entstand, nachdem kleinere Banken wie Knab, Triodos und Van Lanschot im Konsultationsprozess ihre Sorgen über die Unverhältnismäßigkeit der Stortverplichting äußerten. Daraufhin wurde die Einzahlpflicht auf Institute mit über 500.000 Kund*innen begrenzt – eine deutliche Entlastung für kleinere Anbieter, wie das Finanzministerium im Nader rapport vom 28. Februar 2025 erklärte.

Überwachung durch De Nederlandsche Bank

Damit die neue Verpflichtung nicht nur auf dem Papier steht, wird die Nederlandsche Bank (DNB) zur Aufsichtsbehörde für die Umsetzung und Einhaltung der Regelungen bestimmt. Sie überwacht die Bargeldtransporte, prüft die Verfügbarkeit und bekommt von Banken wie Geldtransporteuren regelmäßig strukturierte Informationen (§ 9h–9p Bankwet 1998). Bei Verstößen kann die DNB Sanktionen verhängen – bis zu 103.000 € Bußgeld (§ 9c Bankwet).

Auch das Risiko, dass durch Marktverwerfungen – etwa der Ausfall großer Geldtransportdienste – die Versorgung zusammenbricht, soll so reduziert werden. Besonders das Unternehmen Brink’s, das laut Regierung aktuell allein große Marktanteile besitzt, unterliegt künftig besonderen Pflichten: etwa einem Abwicklungsplan bei drohender Insolvenz und Meldepflichten bei betrieblicher Änderung.

Rückhalt in Politik und Gesellschaft

Der Gesetzesentwurf genießt breite Unterstützung. Bereits im Vorfeld hatten sich Parteien unterschiedlicher Couleur für den Erhalt des Bargelds ausgesprochen. Die Motie-Van der Plas, die Motie-Ephraim und die Motie-Nijboer aus den Jahren 2021 bis 2023 hatten gefordert, dass Bargeld nicht abgeschafft und weiterhin kostenlos zugänglich bleiben muss – was das neue Gesetz nun umsetzt.

Zudem knüpft das Vorhaben an europäische Entwicklungen an. Die EU arbeitet derzeit an einer Verordnung zur Sicherstellung des Zugangs zu Bargeld. Die niederländische Gesetzgebung könnte als nationale Ausführung dieser künftigen EU-Vorgabe gelten.

Ein Gesetz mit Signalwirkung

Die „Wet chartaal betalingsverkeer“ ist mehr als eine technische Regulierung – sie ist ein klares Signal gegen das schleichende Aussterben des Bargelds. Indem der Zugang zu Bargeld gesetzlich garantiert wird, reagiert die Regierung auf gesellschaftliche Bedürfnisse, technische Risiken und ökonomische Ungleichheiten. Ob Banken oder Bargeldtransporteure – künftig müssen alle ihren Beitrag dazu leisten, dass Bargeld in den Niederlanden bleibt, was es sein soll: öffentlich zugänglich, funktional und kostenlos verfügbar.

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