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ANP sieht D66 vorn, Wilders zweifelt

| letzte Änderung 01.11.2025 12:21 | von Redaktion

Die Wahlplatte können wieder abgebaut werden. | Quelle: HOLLAND.guide
Die Wahlplatte können wieder abgebaut werden. | Quelle: HOLLAND.guide

DEN HAAG · D66 liegt nach Auszählung aller niederländischen Gemeinden vor der PVV. Das hat die Wahlredaktion der Nachrichtenagentur ANP auf Basis vorliegender Ergebnisse und historischer Daten festgestellt. Offen sind nur noch die Briefstimmen aus dem Ausland. Die formelle Feststellung der Gesamtergebnisse übernimmt die Kiesraad in der kommenden Woche. Politisch sind die Konsequenzen erheblich, da Reststimmen die endgültige Sitzverteilung noch leicht verschieben können. Parallel sorgt die öffentliche Infragestellung des ANP-Befundes durch PVV-Chef Geert Wilders in sozialen Medien für Debatten über Vertrauen in Verfahren und Institutionen. Einordnung: Der Wahlausgang bleibt formal offen, der Ton verschärft sich, die Faktenlage spricht aktuell für D66, die finale Entscheidung liegt bei dem Kiesraad.

D66 und PVV stehen nach heutigem Stand in der Sitzprojektion Kopf an Kopf, während D66 nach Einschätzung der ANP-Wahlredaktion nicht mehr eingeholt werden kann. Das Warten gilt nun den Briefstimmen aus dem Ausland, deren Ergebnis Anfang der Woche erwartet wird, die endgültige Feststellung erfolgt am Freitag, 7. November durch den Kiesraad. In den Kommunen sind die Zählungen abgeschlossen, zuletzt meldete Venray sein Resultat. Parallel wurden einzelne Unregelmäßigkeiten sachlich eingeordnet. In Stein und Westerwolde wurden nach Angaben des Innenministeriums falsche Stimmzettel ausgeliefert, betroffen sind insgesamt 260 Stimmen, die als ungültig gelten. Behauptungen über verschwundene Urnen in Zaanstad wies die Gemeinde als unbegründet zurück. Während D66 vielerorts in Städten führte, behauptete die PVV ihre Stärke in langjährigen Hochburgen wie Sint Willebrord und Duindorp, allerdings mit etwas geringeren Anteilen als 2023, berichtet AD. In einzelnen Städten gab es Verschiebungen, etwa Leeuwarden, wo nach der zentralen Zählung GroenLinks-PvdA vorne liegt, ebenso verzeichnete Rotterdam spezifische Kandidatenstimmenmuster.

Politisch wird die Bedeutung der Reststimmen hervorgehoben. Der Kiesraad erläutert die Berechnungslogik der Restmandate, die häufig größeren Parteien zugutekommt. Danach liegt D66 derzeit bei 25 vollen Sitzen plus einer sicheren Reststimme, die SP steht bei zwei vollen Sitzen und hofft auf einen dritten, was von der Differenz der noch zu berücksichtigenden Stimmen abhängt. Szenarisch wäre bei einem weiteren D66-Restmandat eine rechtsbürgerliche Kombination aus D66, VVD, CDA und JA21 rechnerisch bei 76 Sitzen, NOS ordnet dies als mögliche, nicht feststehende Option ein. Öffentliche Reaktionen auf die ANP-Feststellung reichen von Gelassenheit und Verweis auf die Zuständigkeit der Kiesraad bis zur offenen Skepsis durch die PVV. NU.nl dokumentiert sowohl die Kritik als auch die Gegendarstellungen von Behörden und Kommunen sowie den Aufruf des Innenministers, die ordentlichen Prüfpfade abzuwarten. Vor diesem Gesamtbild bleibt die Lage faktisch klar strukturiert. Die ANP-Projektion sieht D66 vorne, die formelle Entscheidung folgt regelgebunden, Stichworte sind Briefwahl, Restmandate und die abschließende Sitzung der Kiesraad.

Was die ANP-Feststellung bedeutet

Die Wahlredaktion des ANP arbeitet mit einer systematischen Auswertung der kommunalen Ergebnisse in Verbindung mit historischen Mustern bei Briefstimmen aus dem Ausland. Daraus folgt keine sofortige Sitzfeststellung, wohl aber eine belastbare Aussage zur Rangfolge. Venray schloss als letzte Gemeinde die Auszählungen ab, es fehlen aber noch die Briefwähler aus dem Ausland. Damit ist die Datenbasis für Projektionen vollständig genug, um ein statistisches Bild zu zeichnen. Die formelle Autorität bleibt jedoch bei der Kiesraad, die am 7. November die endgültige Sitzverteilung veröffentlicht. Bis dahin sind Korrekturen nur in eng abgegrenzten Fällen denkbar, etwa bei festgestellten Unregelmäßigkeiten, die dokumentiert und überprüft werden. Das Innenministerium hat die Fälle Stein und Westerwolde identifiziert und umfassende Kontrollen angeordnet. Blanco- und ungültige Stimmen werden bei der Berechnung der Restmandate nicht berücksichtigt, was die Mechanik der Nachverteilung transparenter macht.

Traditionell wird das vorläufige Wahlergebnis in den Niederlanden zunächst durch Medien wie ANP, NOS oder RTL auf Grundlage der kommunalen Daten veröffentlicht. Diese Projektionen gelten als zuverlässig und haben in der Vergangenheit regelmäßig mit der späteren Feststellung der Kiesraad übereingestimmt. Die offizielle Bestätigung erfolgt jedoch erst einige Tage später durch die Kiesraad in einer öffentlichen Sitzung, wenn alle Protokolle geprüft und die Restmandate verteilt sind. Politisch ist bedeutsam, dass Restmandate größeren Parteien häufig zusätzliche Sitze bringen, was D66 rechnerisch begünstigen kann, während die SP an der Schwelle zu einem dritten Mandat steht. Diese Konstellation prägt die mögliche Koalitionsarithmetik.

St. Willebrord: PVV Hochburg | Quelle: HOLLAND.guide
St. Willebrord: PVV Hochburg | Quelle: HOLLAND.guide

Faktencheck zu Vorwürfen und Reaktionen

Öffentliche Zweifel an der ANP-Feststellung konzentrieren sich derzeit auf die Frage, wer über Sieg oder Niederlage entscheidet. Während der Kiesraad formell für die endgültige Feststellung der Wahlergebnisse zuständig ist, nutzt PVV-Chef Geert Wilders seine Plattform auf X.com für Angriffe auf die Auszählung und die von ANP veröffentlichte Einschätzung. In mehreren Beiträgen spricht er von angeblichen Unregelmäßigkeiten und teilt Meldungen über vermeintlich verschwundene Stimmzettel und fehlerhafte Abläufe, ohne Belege zu liefern. In einem seiner Posts schrieb er: „Es regnet solche Meldungen aus dem ganzen Land, keine Ahnung, ob sie alle stimmen, aber es wäre gut, wenn das untersucht würde.“

Parallel veröffentlicht Wilders eigene Wahlergebnisse aus den PVV-Hochburgen und betont den Rückhalt seiner Partei in traditionellen Bastionen: „Die PVV erhält 67,7 Prozent der Stimmen im brabantischen Dorf Sint Willebrord und 52,6 Prozent im Haager Stadtteil Duindorp!“ . Diese Zahlen illustrieren, dass die Partei dort weiterhin deutliche Mehrheiten erzielt, auch wenn sie landesweit hinter D66 liegt.

Trotz dieser Beiträge bleibt der offizielle Ablauf klar geregelt. Die Gemeinden haben gezählt, eventuelle Besonderheiten werden dokumentiert und von der Kiesraad geprüft. Die endgültige Feststellung erfolgt öffentlich am 7. November. Das mehrstufige Verfahren sieht ausdrücklich vor, dass erst nach Abschluss dieser Kontrolle das landesweite Ergebnis verbindlich ist. Bis dahin gelten die ANP-Projektion und die laufenden Prüfungen als Arbeitsstand, nicht als abschließendes Resultat.



Sitzberechnung, Restmandate und Koalitionsarithmetik

Der Kiesraad  liefert die technische Grundlage der Sitzvergabe. Die Gesamtstimmenzahl wird durch 150 geteilt, daraus ergibt sich die Kiesdeler. Vollsitze bilden die erste Verteilung. Danach greifen Restmandate, die über eine fixe Formel zugeteilt werden. Entscheidend ist der Quotient aus der Gesamtstimmenzahl einer Partei und der Zahl ihrer Vollsitze plus eins. Die höchsten Quotienten erhalten nacheinander die verbleibenden Sitze. Diese Methode bevorzugt in der Praxis häufig größere Parteien. D66 steht bei 25 vollen Sitzen plus einer Reststimme und damit bei 26. Die SP hat zwei Vollsitze und Chancen auf einen dritten. Politische Szenarien entstehen aus diesen Zahlen. Eine Konstellation aus D66, VVD, CDA und JA21 wird derzeit 75 Sitzen beziffert. Erhielte D66 noch ein weiteres Restmandat, stiege die rechnerische Mehrheit auf 76. Die Briefstimmen aus dem Ausland fielen in den vergangenen Wahlen für D66 überdurchschnittlich aus. Solche Effekte können jedoch wirklich erst mit der finalen Feststellung bewertet werden. Bis dahin ist die Debatte über mögliche Regierungsbildungen hypothetisch, die Zahlenlage wird mit der Sitzung des Kiesraad verbindlich.

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