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Prämienerhöhung 2025: Krankenversicherungen geraten an ihre Grenzen

Kopfschmerzen: Kankenversicherung mit etwas mehr Leistungen um die 200€ im Monat | Foto: HOLLAND.guide

DEN HAAG · Die DSW, als einer der größten niederländischen Krankenversicherer, hat die Prämien für das kommende Jahr bekannt gegeben: Die monatlichen Beiträge steigen 2025 um 9,50 Euro auf 158,50 Euro. Diese Nachricht kommt für viele Versicherte wenig überraschend, doch die langfristigen Folgen sind besorgniserregend. Die zunehmenden Gesundheitskosten und die damit einhergehende jährliche Steigerung der Krankenversicherungsprämien belasten zunehmend die Bevölkerung – insbesondere einkommensschwache Haushalte.

Die DSW warnt, dass die Grenze dessen, was die Menschen für ihre Gesundheitsversorgung bezahlen können, erreicht ist. Das derzeitige System, das stark auf Marktmechanismen setzt, stößt an seine Grenzen. „Die Solidarität in der Krankenversicherung steht unter großem Druck“, betont DSW-Direktor Aad de Groot. Insbesondere ältere und chronisch kranke Menschen, die auf umfangreichere medizinische Versorgung angewiesen sind, spüren die Auswirkungen der steigenden Prämien am stärksten. Die DSW fordert daher von der Politik grundlegende Reformen, um das Gesundheitssystem wieder gerechter und bezahlbarer zu machen.

Ursachen der Prämiensteigerung

Hinter den steigenden Prämien stecken mehrere Faktoren. Zum einen sind die Lohnkosten im Gesundheitssektor in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Zudem nimmt die Nachfrage nach medizinischen Leistungen zu, was auf die Alterung der Bevölkerung und den Anstieg chronischer Erkrankungen zurückzuführen ist. Neue, teurere Behandlungsmethoden, die zur Verbesserung der Lebensqualität und der medizinischen Versorgung beitragen, erhöhen ebenfalls die Kosten. Diese Faktoren zwingen die Krankenversicherer dazu, die Beiträge jährlich anzupassen, um die finanziellen Belastungen zu decken.

Aad de Groot macht aber auch deutlich, dass die Marktmechanismen im Gesundheitssystem selbst für einen Teil des Problems verantwortlich sind. Die Krankenversicherer konkurrieren hauptsächlich über die Prämienhöhe, was zur Folge hat, dass sie besonders günstige Tarife für junge und gesunde Menschen anbieten. Dies untergräbt das Prinzip der Solidarität, auf dem das niederländische Gesundheitssystem basiert.

Appell an die Politik

Die DSW fordert, die Marktkräfte im Gesundheitssystem zurückzudrängen und einen größeren Teil der Gesundheitskosten über Steuern zu finanzieren. De Groot schlägt vor, die Prämien einkommensabhängiger zu gestalten. Menschen mit höherem Einkommen sollten stärker zur Finanzierung des Systems beitragen, während einkommensschwächere Bürger entlastet werden.

Ein weiterer Vorschlag ist die Einführung von festen Budgets für Krankenhäuser, anstatt diese nach der Menge der erbrachten Leistungen zu vergüten. Dies würde den Fokus von der Produktion hin zu einer qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Gesundheitsversorgung verschieben. Auch das freiwillige Eigenrisiko, das vor allem von jungen, gesunden Menschen genutzt wird, sollte nach Ansicht der DSW abgeschafft werden. Dies würde die Ungleichheit zwischen gesunden und kranken Versicherten verringern.

Marktversagen im Gesundheitssystem?

Das niederländische Gesundheitssystem, das 2006 auf Marktliberalisierung umgestellt wurde, sollte eigentlich Kosten dämpfen und gleichzeitig die Qualität der Versorgung steigern. Doch wie sich mittlerweile zeigt, hat dieser Ansatz die Kostensteigerungen nicht verhindern können. „Die Marktmechanismen haben versagt“, so de Groot. Er plädiert dafür, dass Krankenversicherer und Gesundheitseinrichtungen künftig stärker zusammenarbeiten, um die Gesundheitskosten langfristig zu senken.

Die Sorge, dass die Prämien in den kommenden Jahren weiter steigen, ist groß. Schätzungen zufolge könnte die monatliche Krankenversicherungsprämie bis 2028 die 200-Euro-Marke überschreiten, wenn keine strukturellen Änderungen vorgenommen werden. Besonders betroffen wären davon Menschen mit niedrigem Einkommen und chronisch Kranke, die bereits heute Schwierigkeiten haben, die steigenden Kosten zu bewältigen.

DSW als Vorreiter

Als einer der ersten Krankenversicherer veröffentlicht die DSW traditionell im September die Prämien für das kommende Jahr. Viele andere Versicherer folgen in den nächsten Wochen. Ihre Prämienorientierung wird oft an den Ankündigungen der DSW ausgerichtet. Es bleibt abzuwarten, ob die übrigen Anbieter ähnliche Steigerungen vornehmen werden.

Fakt ist jedoch, dass die steigenden Gesundheitskosten ein landesweites Problem darstellen, das durch kurzfristige Maßnahmen kaum gelöst werden kann. Langfristig muss die Politik entscheiden, ob und wie sie das niederländische Gesundheitssystem reformiert, um die Gesundheitsversorgung für alle bezahlbar zu halten.

Krankenversicherung wechseln

In den Niederlanden sind die Krankenkassen verpflichtet, ihre neuen Prämien und Bedingungen für das kommende Jahr bis spätestens zum 12. November zu veröffentlichen. Dies gibt den Versicherten ausreichend Zeit, ihre aktuelle Krankenversicherung zu überprüfen und bei Bedarf einen Wechsel in Erwägung zu ziehen. Gerade in einem Jahr, in dem die Prämien erneut steigen, ist es besonders ratsam, die verschiedenen Anbieter sorgfältig zu vergleichen. Unterschiede gibt es häufig nicht nur in den monatlichen Kosten, sondern auch in den zusätzlichen Leistungen und den genauen Bedingungen der Policen.

Die Basisversicherung ist gesetzlich vorgeschrieben und deckt die wesentlichen medizinischen Leistungen ab. Allerdings können zusätzliche Pakete sinnvoll sein, um spezifische Bedürfnisse, wie z. B. Zahnbehandlungen, Physiotherapie oder alternative Heilmethoden, abzudecken. Versicherer bieten unterschiedliche Ergänzungspakete an, die je nach individuellem Gesundheitsbedarf ausgewählt werden sollten. Dabei lohnt sich ein genauer Blick auf die Kosten und Leistungen, um eine Über- oder Unterversicherung zu vermeiden.

Ein Versicherungswechsel muss bis zum 31. Dezember abgeschlossen sein, damit der neue Anbieter nahtlos ab dem 1. Januar greift. Versicherten, die ihre alte Versicherung selbst kündigen, bleibt sogar bis zum 1. Februar Zeit, eine neue Police zu wählen. In jedem Fall ist es wichtig, frühzeitig die eigene Gesundheitsvorsorge für das nächste Jahr zu planen und gegebenenfalls das Eigenrisiko oder die Zusatzpakete anzupassen, um optimal abgesichert zu sein. Ein gründlicher Vergleich kann sich finanziell lohnen und den Zugang zu genau den Gesundheitsleistungen sichern, die im kommenden Jahr benötigt werden.

Vergleich der Krankenversicherungen: Deutschland vs. Niederlande

Die Gesundheitssysteme in Deutschland und den Niederlanden sind beide auf dem Prinzip der Solidarität aufgebaut, unterscheiden sich jedoch in wesentlichen Punkten, insbesondere in der Organisation und der Finanzierung.

In Deutschland basiert das Gesundheitssystem auf der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der privaten Krankenversicherung (PKV). Etwa 90 % der Bevölkerung sind in der GKV versichert, während sich Besserverdiener und Selbstständige für die private Krankenversicherung entscheiden können. Die Finanzierung erfolgt vor allem durch einkommensabhängige Beiträge, die von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen werden. Das deutsche System legt großen Wert auf eine umfangreiche Selbstverwaltung der Krankenkassen, die mit verschiedenen Gesundheitsdienstleistern Verträge abschließen.

Im Gegensatz dazu gibt es in den Niederlanden ein stärker liberalisiertes System, das auf Marktmechanismen setzt. Hier sind alle Bürger verpflichtet, eine private Krankenversicherung abzuschließen, wobei die Versicherer im Rahmen eines Wettbewerbs miteinander konkurrieren. Das niederländische System sieht eine sogenannte "Basisversicherung" (basisverzekering) vor, die von allen Versicherern angeboten werden muss und grundlegende Leistungen abdeckt. Darüber hinaus können die Bürger zusätzliche kostenpflichtge Versicherungsoptionen (aanvullende verzekeringen) abschließen. Die Prämien sind nicht direkt einkommensabhängig, sondern werden pauschal festgelegt. Für einkommensschwache Haushalte gibt es jedoch eine staatliche Unterstützung durch die sogenannte "Zorgtoeslag".

Ein weiterer zentraler Unterschied liegt in der Rolle des Eigenrisikos. In den Niederlanden müssen Versicherte jedes Jahr einen festgelegten Betrag (2024: 385 Euro) aus eigener Tasche zahlen, bevor die Versicherung die Kosten übernimmt. Einige Leistungen, wie der Hausarztbesuch, sind jedoch davon ausgenommen. Dieses Eigenrisiko gibt es in Deutschland in dieser Form nicht. Stattdessen zahlen Versicherte oft eine Zuzahlung für bestimmte Leistungen wie Medikamente oder Krankenhausaufenthalte, die jedoch begrenzt ist.

Während das deutsche System stärker auf eine flächendeckende Versorgung und den Erhalt von Solidarität fokussiert ist, stehen in den Niederlanden Wettbewerb und Effizienz im Vordergrund. Kritiker des niederländischen Systems bemängeln jedoch, dass die Marktliberalisierung zu höheren Prämien und einer Ungleichheit zwischen gesunden und kranken Versicherten führt. Das deutsche System dagegen wird oft für seine Komplexität kritisiert, insbesondere durch die Aufspaltung in gesetzliche und private Versicherungen, was zu Ungleichheiten bei der Versorgung führen kann.

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