Mein Umzug in die Niederlande
von Martina C.
Vor ein paar Jahren lernte ich meinen Partner in Rotterdam kennen. Ich war arbeitstechnisch bedingt regelmäßig in der Stadt. Wir fingen eine Fernbeziehung an. Die Entfernung war machbar, 350km ist ja nicht die Welt. Es klappte auch eigentlich immer wunderbar, wären da nicht so kleine Hürden wie der nervige Stau zum Wochenende gewesen. Ich komme aus Norddeutschland, aus einer Region wo Stau eigentlich eher selten vorkommt. So konnte ich meine tägliche Strecke von 60km zur Arbeit locker in 40 Minuten zurücklegen. Hier in den Niederlanden sieht es da allerdings anders aus. Aus den ‘normalen‘ 3,5 Stunden Fahrt zwischen unseren Wohnorten wurden, wenn es ganz arg war, manchmal bis zu 6 Stunden! Das hat auf Dauer wirklich an den Nerven gezerrt.
Nach etwas mehr als 2 Jahren Beziehung stand die Entscheidung an, an einem Ort zusammen zu leben. Da mein Partner in Rotterdam seinen eigenen Betrieb hat, kam für ihn ein Umzug nach Deutschland nicht in Frage. Ich entschloss mich also zum Umzug in die Niederlande. Ich spreche bewusst vom Umzug und nicht von ‘Auswandern‘, da mir dieser Ausdruck bei dieser Entfernung irgendwie nie so richtig in den Sinn kam. Natürlich fallen ein paar andere Entscheidungen an, als wenn man im selben Land umzieht. Die Wohnsitz-Frage zum Beispiel. Ich habe mich gegen einen 2. Wohnsitz in Deutschland entschieden und habe meinen Hauptwohnsitz in die Niederlande verlegt.
Wie man sich auch entscheidet, man muss in beiden Fällen zur Stadtverwaltung und sich abmelden. Man bekommt dann eine Abmeldebescheinung mit der man sich in den Niederlanden wieder anmelden kann. Es ist ratsam, sich vorher bei der entsprechende Gemeinde zu erkundigen, welche Unterlagen man darüber hinaus noch benötigt. Ich brauchte für meine Anmeldung bei der Gemeente Breda auch noch eine Kopie der Geburtsurkunde und meinen Pass. Bei der Anmeldung bekommt man dann auch die BSN Nummer (Burgerservicenummer) mitgeteilt. Diese Nummer ist eine persönliche Nummer, unter der alle personenbezogenen Daten gespeichert werden und von allen Behörden, Ämtern und auch Ärzten und Apotheken genutzt werden. Eine vergleichbare Nummer gibt es so in Deutschland nicht.
Im Januar 2018 war es dann soweit: Ich zog um nach Breda. Ich habe meine Wohnung in Deutschland fristgemäß gekündigt und die meisten meiner Möbel und andere Sachen verkauft. Mein Auto habe ich ebenfalls verkauft, da bei einem Umzug ins Ausland das Auto importiert werden muss, wenn man es dort anmeldet. Das erschien mir zu teuer, daher der Entschluss zum Verkauf. Ich habe dann gemeinsam mit meinem Partner die Leasingmöglichkeiten hier in NL recherchiert und lease nun ein Auto.
Andere wichtige Aspekte beim Umzug in die Niederlande ist die Krankenversicherung, die Ärztesuche und die Anmeldung bei einer Apotheke. Ich persönlich konnte relativ schnell bei dem Hausarzt meines Partners aufgenommen werden.
Der Hausarzt ist die erste Anlaufstelle. Wenn man Fachärzte benötigt, stellt der Hausarzt im Krankenhaus (Fachärzte sind meist alle im Krankenhaus tätig) eine Anfrage und man bekommt dann automatisch einen Termin zugeschickt.
Dasselbe gilt für die Apotheke. Zuerst meldet man sich bei einer bestimmten Apotheke an. Benötigt man dann Medikamente, schickt der Arzt das Rezept direkt dorthin und man wird benachrichtigt sobald die Medikamente abgeholt werden können. Viele rezeptfreie Medikamente kann man hier auch in der Drogerie kaufen.
Bei der Krankenversicherung meldet man sich ebenfalls selbst an, Recherche erfolgt über das Internet Unter www.zorgwijzer.nl kann man die verschiedenen Anbieter vergleichen und dort auch den gewünschten Versicherungsumfang (basis, premium usw.) wählen. Man findet bei jedem Anbieter verschiedene Policen, je nachdem, was alles versichert werden soll. Anders als in Deutschland werden die Beiträge selbst gezahlt und nicht vom Arbeitgeber abgeführt.
Vor meinem Umzug habe ich mir auch bezüglich Sprachkursen schon Info im Netz gesucht und habe dann Mitte Januar direkt mit einem intensiv Sprachkurs bei der Sprachschule ITHA in Rotterdam (www.itha.nl) angefangen. Dieser Kurs dauerte 3 Wochen, wobei man jeden Tag ca. 3 Stunden Unterricht hat und nachmittags selbst lernt und Präsentationen erstellen muss. Man schließt mit dem A1 Level ab und hat aber die Möglichkeit weiter zu lernen, denn für den Kurs war die Anschaffung einer App (Delftse Methode) nötig. Die Sprachschule bietet Sprachkurse von Level A1 bis Level C2 an, man kann darüber hinaus aus Abendkuryen oder intensiven Kursen wählen. Andere Möglichkeiten für Sprachkurse kann man meist über die örtlichen Volkschulen finden.
Zeitgleich mit dem Kurs habe ich mich auch auf dem Arbeitsmarkt umgeschaut und mich beworben. Während meiner Jobsuche habe ich viele Jobagenturen gefunden, welche auf Expats und Multilinguals (z.B. Undutchables oder Randstad Multilingual) spezialisiert sind. Mit vielen dieser Agenturen habe ich Kontakt aufgenommen und micht dort angemeldet.
Über meinen Account bei LinkedIn haben mich dann schließlich auch einige Recruiter gefunden und somit hatte ich Mitte Februar schon erste Bewerbungsgespräche und im März sogar schon meinen ersten Job.
Die Jobsuche und letzendliche Anstellung in den Niederlanden läuft ein Bisschen anders als in Deutschland. Man gebraucht Jobagenturen viel häufiger als in D, denn es gibt hier ein breites Angebot auch für administrative Berufe und höher qualifizierte Arbeitnehmer. Wenn man dann über so eine Agentur einen Job findet, bekommt man i.d.R. erstmal einen Vertrag über 6 Monate mit der Agentur und hat danach die Chance übernommen zu werden. Auch hier wird dann meist erstmal ein befristeter Vertrag von einem Jahr gegeben. Generell sind die Arbeitsverhältnisse hier in den Niederlanden meist befristet. Macht man sich selber auf die Suche auf dem Stellenmarkt, dann kann der Bewerbungsprozess schon frustrierend werden, gerade wenn man die Sprache noch nicht fließend spricht. Von der versandten Bewerbug bis zur ersten Reaktion (wenn überhaupt) der Firma, können schonmal 4 Wochen vergehen. Auch die Bewerbung an sich sieht anders aus: Man versendet nur seinen Lebenslauf und das Anschreiben. Zeugnisse mitzuschicken ist nicht üblich, wenn man nach erfolreichem Interview eingestellt werden soll, bittet die Firma dann meist um Referenzen vom vorherigen Arbeitgeber. Der Verdienst liegt etwas unter dem was man in Deutschland gewöhnt ist. Die meisten niederländischen Arbeitgeber zahlen aber die Kosten fürs Pendeln in Form von Kilometergeld oder Bahnkarte, was wiederum positiv ist.
Ich blieb bis Ende August bei diesem Job und entschied mich dann allerdings erstmal für eine Auszeit. Ich hatte nach meinem Umzug, Sprachkurs und quasi direkten Jobeinstieg garnicht so richtig die Möglichkeit, mich mit meiner neuen Heimat auseinander zu setzen und sie kennenzulernen. Ich fing also an, viel herumzureisen und neue Hobbies auszuprobieren. Hier in Breda gibt es viele Möglichkeiten für Outdoor Aktivitäten, es gibt viele Radwege, Mountainbike Trails und viel Waldfläche. Auch die Nähe zu Belgien ist super, man kann innerhalb einer halben Stunde schon in Antwerpen sein.
Ich habe mich auch wieder mehr mit dem Lernen der niederländischen Sprache auseinander gesetzt, denn das kam leider während meines englischsprachigen Jobs zu kurz. Seit Anfang des Jahres helfe ich auch in der Firma meines Partners aus und bewerbe mich aktuell wieder auf eine Vollzeitstelle.
Jetzt nach fast 1,5 Jahren in den Niederlanden kann ich sagen, ich bin froh den Umzug gemacht zu haben und bereue es nicht. Es gibt allerdings einiges, was ich aus Deutschland vermisse (das betrifft vieles aus dem kulinarischen Bereich J). Ich bin auch immer noch erstaunt über die Preise, die hier im Allgemeinen höher sind als in Deutschland. Mein Lieblingsbeispiel ist da immer die Drogerie: in D zahlt man für Duschgel der gängigen Marken höchstens €1,50; hier in NL kann man für dasselbe Produkt schonmal €3,50 bis €4,00 loswerden! Auch bei Einkäufen im Supermarkt könnte ich manchmal in Tränen ausbrechen wenn ich an der Kasse stehe. Dafür kann man aber wiederum oft von Aktionen wie ‘1+1 Gratis‘ oder ‘3 für 2‘ profitieren.
Alles in Allem empfinde ich die Niederlande als gelassener im Vergleich zu Deutschland. Die Menschen hier sind sehr offen und freundlich, aber oft auch ziemlich direkt. Man kann relativ schnell Kontakte knüpfen wenn man möchte, enge Freundschaften entstehen allerdings seltener. Gerade am Anfang oder wenn man noch nicht so fit ist mit der niederländischen Sprache kommt man sehr gut und fast überall mit Englisch zurecht.
Vorallem das Shopping Angebot hier in NL lässt jedes Frauenherz höher schlagen. In fast allen größeren Städten kann man 7 Tage die Woche shoppen und findet dabei fast immer einen Sale. Egal zu welcher Jahreszeit, es ist gefühlt immer ‘Mid-Season Sale‘ ;-)
Auch das Land an sich ist sehr vielfältig, gerade wenn man bedenkt, wie klein es im Vergleich zu Deutschland ist. Breda ist beispielsweise mit einer burgundischen Lebensart anders als Rotterdam, was sehr international und multikulturell ist und mich stark an Manhattan erinnert (und das nicht nur, weil es dort teilweise so aussieht J). Amsterdam ist auch wieder anders, vom Stadtbild her und natürlich durch die zahlreichen Touristen welche täglich die kleinen Straßen im Zentrum erobern. Alle Regionen und Städte welche ich bislang besucht habe, haben aber alle eines gemeinsam: Gezelligheid!
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